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Die Ohrmuschel gibt dem Ohr seine charakteristische Form und dient gleichzeitig als Schalltrichter, um das Hören zu erleichtern. Wie die Ohrmuschel anatomisch aufgebaut ist und von welchen Erkrankungen sie betroffen sein kann, behandelt dieser Artikel.
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Ohrmuschel – Definition
Als Ohrmuschel bezeichnet man den aus Knorpel bestehenden und mit Haut überdeckten äußeren Teil des Ohres.
t mit dem Periost des Schädels verwachsen und befindet sich in der sogenannten Regio auricularis. Strukturen, die vor der Ohrmuschel liegen, werden als präaurikulär bezeichnet, während man hinter der Ohrmuschel liegende Strukturen mit retroaurikulär beschreibt.
Ohrmuschel – Anatomie
Die äußere Form der Ohrmuschel wird durch den Ohrknorpel bestimmt. Dieser wird auch als Cartilago auriculae bezeichnet und besteht aus elastischem Knorpel. Er ist stark gefaltet und besitzt einige Erhebungen und Vertiefungen, die teilweise eigene Namen haben.
Aufbau
Den prominenten äußere Rand der Ohrmuschel nennt man Helix, während sich parallel zur Helix die sichelförmige Anthelix befindet. Die beiden Strukturen sind durch eine gekrümmte Einziehung, die sogenannte Scapha, voneinander getrennt. Die Anthelix ist aus zwei getrennten Falten aufgebaut, der oberen und der unteren Anthelixwurzel (Crus superius anthelicis und Crus inferius anthelicis). Dazwischen liegt eine dreieckige Einziehung, die man Fossa triangularis nennt.
Die eigentliche Ohrmuschel (Concha auricularis), bei der es sich um eine ausgedehnte Vertiefung handelt, wird durch die Anthelix eingerahmt. Außerdem trennt ein Ausläufer der Helix (Crus helicis) sie in zwei Teile, die kranial gelegene Cymba conchae und das kaudal gelegene Cavum conchae. Das Cavum conchae bildet wiederum den Übergang zum äußeren Gehörgang (Meatus acusticus externus). Seitlich vor dem Cavum conchae befinden sich zwei Vorwölbungen, bei denen es sich zum einen um den rostral gelegenen Tragus (Ohrdeckel) und zum anderen um den dorsal gelegenen Antitragus handelt. Zwischen dem Tragus und dem Antitragus liegt zudem die Incisura intertragica. Unterhalb des Tragus findet man das Ohrläppchen (Lobulus auriculae), welches keinen Knorpel beinhaltet. Des Weiteren gibt es noch das Tuberculum auriculae (Darwin-Höckerchen), unter dem man eine unregelmäßig vorhandene dreieckige Auszackung des Helixrandes versteht. Die Facies medialis der Ohrmuschel weist im Gegensatz zur Außenseite (Facies lateralis) deutlich weniger Strukturen auf.
Ohrmuschel-Piercings
Die zahlreichen Erhebungen und Vertiefungen an der Ohrmuschel sowie die weiche Konsistenz des Knorpels bieten viele geeignete Stellen für Piercings. So gibt mehr als zehn verschiedene Arten von Ohrpiercings, die nach ihrer anatomischen Lokalisation benannt sind, zum Beispiel "Helix", "Anti-Helix", "Tragus" oder "Anti-Tragus".
Mikroskopischer Aufbau
Der Ohrknorpel besteht vor allem aus elastischem Knorpel, der zudem noch geringe Teile an Faserknorpel aufweist. Er ist von mehrschichtig verhorntem Plattenepithel bedeckt und über das Perichondrium mit der Dermis verwachsen. Subkutanes Fettgewebe findet man hingegen kaum. Das Ohrläppchen besteht wiederum aus recht viel Fettgewebe, in dem Bindegewebsstränge liegen. Des Weiteren ist das gesamte Außenohr mit Talgdrüsen, Schweißdrüsen und Lanugohaaren ausgestattet. In der Öffnung sowie dem Knorpelabschnitt des äußeren Gehörgangs wachsen zudem längere borstenförmige Haare (Tragi).
Muskeln
Die Muskeln der Ohrmuschel lassen sich in intrinsische und extrinsische Muskeln unterteilen. Zu den intrinsischen zählen:
- Musculi helicis major und minor, Musculus tragicus, Musculus antitragicus: Sie verbinden und die stabilisieren die Ohrmuschel auf der lateralen Fläche.
- Musculus transversus und obliquus auriculae: Diese Muskeln verbinden und stabilisieren die Ohrmuschel auf der medialen Fläche.
Die extrinsischen Muskeln gehören zu der mimischen Muskulatur und sind dazu in der Lage, die Ohrmuschel leicht zu bewegen. Zu ihnen zählen folgende Muskeln:
- Musculi auriculares anterior und superior: Sie haben ihren Ansatz an der Spina helicis und der obere Muskel zusätzlich an der Eminentia fossae triangularis der Facies medialis. Ihr Ursprung befindet sich an der Kopfschwarte.
- Musculus auricularis posterior: Er setzt an der Eminentia conchae auf der Medialseite an und hat seinen Ursprung im Mastoidbereich.
Bänder
Des Weiteren liegen drei Bänder in der Ohrmuschel, die für ihre knöcherne Befestigung sorgen:
- Ligamentum auriculare anterius: Es zieht von der Spina helicis zur Wurzel des Processus zygomaticus.
- Ligamentum auriculare superius: Es verläuft vom Oberrand des äußeren Gehörgangknorpels zur Pars squamosa ossis temporalis.
- Ligamentum auriculare posterius: Dieses Band zieht von der Rückseite der Concha zum Processus mastoideus des Os temporale.
Innervation
Die sensible Innervation der Ohrmuschel wird durch mehrere Nerven gewährleistet. Dabei versorgen die laterale Seite folgende Nerven:
- Nervus auricularis magnus: Er versorgt die hinteren Abschnitte.
- Rami auriculares des Nervus vagus: Sie innervieren die Concha und Cymba.
- Nervus auriculotemporalis aus dem Nervus mandibularis des Nervus trigeminus: Zu dessen Versorgungsgebiet gehören die vorderen Abschnitte von Helix, Tragus und Ohrläppchen.
- Nervus auricularis posterior aus dem Nervus facialis: Er versorgt Teile der Concha.
- Ramus communicans cum nervo vagi aus dem Nervus glossopharyngeus: Dieser Ast innerviert den Eingangsbereich des äußeren Gehörgangs.
Die mediale Seite der Ohrmuschel wird hingegen lediglich durch den Nervus auricularis magnus (die unteren zwei Drittel) und den Nervus occipitalis minor (oberes Drittel) versorgt.
Blutversorgung und Lymphabfluss
Der Ramus auricularis der Arteria auricularis posterior übernimmt die Blutversorgung der medialen Seite der Ohrmuschel. Die laterale Seite wird zum einen ebenfalls von diesem Ast und zum anderen durch die Rami auriculares anteriores aus der Arteria temporalis superficialis versorgt. Der Lymphabfluss erfolgt über die Nodi lymphatici parotidei, die Nodi lymphatici cervicales profundi und die Nodi lymphatici occipitales.
Ohrmuschel – Funktion
Die Ohrmuschel bündelt die eintreffenden Schallwellen zur Weiterleitung über den äußeren Gehörgang zum Innenohr und spielt gleichzeitig eine wichtige Rolle in der Ortung von Schallquellen. Letzteres ist deshalb möglich, weil der Schall an den Reliefkanten der Ohrmuschel gebrochen und, je nach seinen Frequenzanteilen, unterschiedlich stark gedämpft wird. Anhand dieser Unterschiede ist das Gehirn in der Lage, Informationen über die räumliche Herkunft einer Schallquelle zu bekommen. Dies ermöglicht ein effizientes Richtungshören, welches differenzieren kann, ob ein Geräusch von vorne, hinten, oben oder unten stammt.
Ohrmuschel – Erkrankungen
Erkrankungen der Ohrmuschel können beispielsweise durch Verletzungen, das Stechen von Piercings oder Operationen verursacht werden. Dabei bildet sich zunächst ein Hämatom, welches man als Othämatom bezeichnet. Anschließend kann es zu einer Entzündung des Ohrmuschelgewebes kommen, einer Ohrmuschelperichondritis. Im Folgenden wird diese sowie eine weitere recht häufige Erkrankung der Ohrmuschel, die Chondrodermatitis nodularis helicis, näher thematisiert.
Ohrmuschelperichondritis
Von einer Ohrmuschelperichondritis spricht man, wenn das Perichondrium der Ohrmuschel entzündet ist. Dies geschieht häufig durch eine Verletzung der Ohrmuschel, die ein Othämatom auslöst. Entzündet sich dieses Hämatom, kommt es zu einer Besiedlung mit Bakterien wie zum Beispiel Pseudomonas aeruginosa oder Staphylococcus aureus und somit zu der Entstehung einer Ohrmuschelperichondritis.
Die Erkrankung macht sich durch eine Schwellung und Rötung der Ohrmuschel bemerkbar. Zudem ist das Relief der Ohrmuschel verstrichen und es bestehen starke Schmerzen. Auch eine Abszessbildung und Nekrose von Anteilen der Ohrmuschel, die zu deren Schrumpfung führe, können vorkommen. Obwohl das Ohrläppchen oft ebenfalls gerötet ist, ist es in der Regel nicht von der schmerzhaften Entzündung betroffen. Für die Diagnose einer Ohrmuschelperichondritis reicht das klinische Erscheinungsbild in den meisten Fällen aus. Dadurch, dass die Therapie der Erkrankung in der Gabe von Antibiotikum besteht, sollte im entzündeten Bereich der Ohrmuschel zudem ein Abstrich zur genaueren Bestimmung des vorliegenden Bakterienstamms durchgeführt werden. Während eine Infektion mit Staphylococcus aureus zum Beispiel mit Flucloxacillin behandelt wird, verwendet man beim Nachweis von Pseudomonas aueruginosa Piperacillin und Tazobactam und Fluorchinolone. Außerdem gibt es die Möglichkeit, die nekrotischen Anteile der Ohrmuschel operativ zu entfernen.
Chondrodermatitis nodularis helicis
Diese Erkrankung äußert sich durch das plötzliche Auftreten von schmerzhaften Knötchen an der Helix oder Anthelix. Diese wachsen dann innerhalb kurzer Zeit auf bis zu einen Zentimeter heran und haben eine runde bis ovale Form mit einer zentralen Ulzeration oder Kruste. Die Knötchen zeigen sich dabei häufig an der Stelle des Ohrs, die am weitesten hervor steht und auf der die betroffene Person schläft. Außerdem tritt die Erkrankung meist einseitig auf, wobei das rechte Ohr häufiger betroffen ist als das linke.
Die Ursache der Chondrodermatitis nodularis helicis ist bislang nicht bekannt. Man geht zum einen davon aus, dass bestimmte Anomalien des Ohrs wie ein dünnes subkutanes Fettgewebe oder eine schwach ausgeprägte Blutversorgung des Ohrknorpels eine Rolle spielen könnten. Zum anderen konnten als auslösende Faktoren Entzündungen der Haut, eine UV-Strahlen-Belastung, Kälte oder auch andere Traumata ausgemacht werden.
- Ohr, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 03.09.2024)
- Aumüller G et al., Duale Reihe Anatomie, Thieme, 5. Auflage