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Das Os ilium, auch bekannt als Darmbein, bildet den größten Teil des Hüftbeins (Os coxae) und spielt eine wesentliche Rolle in der menschlichen Anatomie. Es dient nicht nur als wichtige Stütze und Schutz für die inneren Organe des Beckens, sondern bietet auch Ansatz- oder Ursprungsort für Muskeln und Bänder. Der folgende Text betrachtet Aufbau, Anatomie, Funktion und mögliche klinischen Probleme des Os ilium.
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Os ilium – Definition
Das Os ilium oder auch Darmbein bildet zusammen mit dem Sitzbein (Os ischii) und dem Schambein (Os pubis) das Hüftbein (Os coxae) und dabei selbst den größten Anteil. Durch das Iliosakralgelenk (Articulatio sacroiliaca) ist es mit dem Os sacrum (Kreuzbein) verbunden und Ursprungs- und Ansatzort verschiedener Muskeln und Bänder (Ligamenta).
Os ilium – Aufbau und Anatomie
Insgesamt ist das Os ilium der kraniodorsale Anteil des Hüftknochens. Es besteht aus dem Corpus ossis ilii, welches der sich kaudal befindende säulenähnliche Darmbeinkörper ist und dem sich kranial befindenden Ala ossis ilii (der Darmbeinschaufel). Die sogenannte Linea arcuata verläuft medial und ist die Grenze zwischen den beiden Anteilen. Sie ist Teil der Linea terminalis. Die Linea terminalis bildet die Beckeneingangsebene, die sogenannte Apertura pelvis superior und trennt das große Becken (Pelvis major) vom weiter kaudal gelegenen kleinen Becken (Pelvis minor).
Aufgrund der Ansprüche an das weibliche Becken während der Geburt gibt es geschlechtsabhängige Besonderheiten in der Form des Beckens. Bei der Frau ist die Apertura pelvis superior breiter als beim Mann sowie queroval geformt. Das männlichen Becken ist eher herzförmig und die Form der Ala ossis ilii eher steil eingestellt und nicht breit ausladend wie bei der Frau. Der für die Geburt wichtige Abstand zwischen dem Hinterrand der Symphyse und Promontorium wird als Conjugata vera obstetrica bezeichnet und beträgt etwa 11 cm. Geschlechtsspezifische Beckenform
Ala ossis ilii
Die kraniale Kante des Ala ossis ilii wird gebildet durch die Crista iliaca (Darmbeinkamm), welche die zwei Knochenvorsprünge, die Spina iliaca anterior superior und die dorsal gelegene Spina iliaca posterior superior, also die vordere obere und die hintere obere Darmbeinstachel verbindet. Die Crista iliaca hat zwei Knochenlippen und eine intermediär verlaufende Linie. Diese dienen Bauchmuskeln als Ursprung- und Ansatzstellen:
- Labium externum: Ansatz des Musculus obliquus externus abdominis
- Linea intermedia: Ursprung für den Musculus obliquus internus abdominis
- Labium internum: Ursprung für den Musculus transversus abdominis
Von außen betrachtet, befinden sich dort die Lineae gluteae anterior, posterior und inferior, welche als Ursprungsorte der Glutealmuskeln dienen.
Corpus ossis ilii
Das Dach des Acetabulums wird vom Corpus ossis ilii mit gebildet. Dorsal liegt die Gelenkfläche für das Iliosakralgelenk, und zwar die Facies auricularis, die ohrmuschelartige Fläche.
Bänder und Gelenke
Das Os ilium ist beteiligt an zwei Gelenken, am Hüftgelenk und am Iliosakralgelenk.
Das Iliosakralgelenk (Articulatio sacroiliaca), also das Kreuzbein-Darmbein-Gelenk wird durch den Bandapparat gehalten und gestützt. Zudem ist die Bewegung des Gelenks durch den Bandapparat eingeschränkt. Die Gelenkflächen des Os sacrum und Os ilium sind miteinander über starke Bänder verbunden. Zu diesen Bändern gehören das Ligamentum sacroiliacum anterius, interosseum und posterius. Es handelt sich um Amphiarthrosen, also straffe Gelenke, da sich die Gelenkflächen nur minimal bewegen können. Des weiteren gehört noch das Ligamentum iliolumbale zu den Bändern des Os ilium, da es die Crista iliaca mit dem fünften Lendenwirbelkörper verbindet.
Das kräftigste Band des menschlichen Körpers ist das Ligamentum iliofemorale, welches von der Spina iliaca anterior inferior zur ventral gelegenen Linea intertrochanterica zieht. Durch dieses Band wird die Extension der Hüfte begrenzt. Das Os ilium trifft mit Teilen der Ossa pubis und ischii in der Hüftgelenkspfanne, dem Acetabulum, in Form eines Y aufeinander. Dies hat mit der Entwicklung zu tun, bei der charakteristisch ist, dass die Verknöcherung im Berech des Acetabulums mit der Bildung der breiten Y-förmigen Knorpelfuge stehen bleibt. Am Ende bzw. kurz vor der Pubertät vereinigen sich das Os ilium, Os pubis und Os ischii zu einem Knochen. Das Acetabulum artikuliert mit dem Caput femoris im Hüftgelenk.
Muskeln
Wie schon zuvor aufgegriffen wurde, sind einige knöcherne Strukturen Ursprungsorte der Glutealmuskulatur, nämlich die Lineae gluteae der Ala ossis ilii. Zudem entspringen an den vorderen Darmbeinstacheln, also den Spinae iliacae anteriores der Musculus rectus femoris und der Musculus sartorius. Der Musculus iliacus, ein Hüftmuskel, zieht von der Innenseite der Spina iliaca zum Femur.
Die knöchernen Strukturen, die von außen tastbar sind, dienen dem Arzt als Orientierungspunkte bei der Diagnostik. Zu diesen gehören die Crista iliaca als Entnahmestelle von Knochenmark, die Spina iliaca anterior superior als Orientierung der Bauchwand und die Spina iliaca posterior superior, welche seitlich den Eckpunkt der Lendenraute bildet.Tastpunkte
Os ilium – Funktion
Das Os ilium trägt zur Stabilität des Beckens bei und schützt in gewisser Weise die inneren Organe des Unterbauchs. Über das Iliosakralgelenk wird das Körpergewicht, das auf dem Os sacrum ruht auf das Os ilium übertragen und vom Hüftgelenk auf den Oberschenkelknochen (Femur) weitergeleitet. Außerdem dient das Os ilium als Ansatzpunkt für viele wichtige Muskeln, unter welche auch die Glutealmuskulatur fällt. Auch die Gelenkfunktion ist bedeutend, da das Os ilium zusammen mit dem Os sacrum das Iliosakralgelenk bildet, welches eine geringe Beweglichkeit ermöglicht und zur Stoßdämpfung beiträgt.
Os ilium – Klinik und Schmerzen
Es kann durch verschiedene klinische Gründe zu Schmerzen im Os ilium kommen, die nicht selten als Hüft- oder Beckenschmerzen empfunden werden. Eine Ursache kann beispielsweise ein Problem mit dem Iliosakralgelenk, das Gelenk welches das Kreuzbein (Os sacrum) mit dem Darmbein (Os ilium) verbindet, sein. Beim sogenannten ISG-Syndrom (ISG für “Iliosakralgelenk”) kann es durch verschiedene Gründe zu Schmerzen kommen. Dazu gehören ein Fehltritt beim Treppensteigen, eine ungewohnte Belastung, Stressfrakturen oder eine chronische Erkrankung wie Rheuma. Diesen Schmerzen folgen meistens lange Krankheitsverläufe. Da das Iliosakralgelenk auch eines der unbeweglichsten und unbekanntesten Gelenke des Körpers ist, ist es schwer dieses zu behandeln. Hier ist eine gezielte orthopädische Diagnostik und Behandlung wichtig.
Durch eine Beckenringfraktur im Bereich des Beckens, einschließlich des Os ilium durch Traumata wie Autounfälle oder Stürze führen zu starken Schmerzen im Beckenbereich, Schwierigkeiten zu gehen oder stehen, Blutergüssen und Schwellungen. Wichtig ist hier die Ruhigstellung, das Schmerzmanagement und eine physiotherapeutische Behandlung.
Eine Schleimbeutelentzündung (Bursitis) kann ebenfalls zu Schmerzen im Hüft- und Leistenbereich führen. Hier ist es wichtig zu schonen. Es helfen entzündungshemmende Medikamente, Physiotherapie und manchmal auch Kortikosteroid-Injektionen.
Da das Os ilium auch als Ursprung oder Ansatz verschiedener Muskeln dient, kann es durch Muskelverletzungen des Musculus gluteus maximus beispielsweise zu lokalen Schmerzen kommen, die sich bei Bewegung oder Druck verstärken und durch Überbelastung oder Verletzung der Muskeln auftreten. Physiotherapie, Massagen, Wärme- oder Kältetherapie helfen hier.
- Aumüller et al.: Duale Reihe Anatomie. 1. Auflage Thieme 2006Os ilium (Darmbein)
- Becken und Hüfte, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum 14.06.2024)
- Hüftbein (Os coxae), https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum 14.06.2024)