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Jedes Organ kann eine spezifische Funktion ausüben. Das Parenchym stellt dafür die Strukturen und besonderen Zellen zur Verfügung und sorgt damit dafür, dass Menschen, Tiere und Pflanzen leben können. Was genau das Parenchym ist und welche Besonderheiten es in den unterschiedlichen Organen aufweist, ist Thema dieses Artikels.
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Parenchym – Definition
Das Parenchym bezeichnet das Gewebe eines Organs, welches von Parenchymzellen gebildet wird. Es erfüllt damit die organspezifische Funktion und grenzt sich von dem Bindegewebe ab, welches das Stützgerüst von Organen bildet. Zu diesem zählen etwa das interstitielle Bindegewebe oder das Stroma.
Die Parenchymzellen nennen sich je nach Organ unterschiedlich. Beispiele sind die Hepatozyten in der Leber, die Thyreozyten in der Schilddrüse und die Neurone im Nervensystem.
Im klinischen Alltag verwendet Fachpersonal den Begriff des Parenchyms weniger differenziert als in diesem Artikel dargestellt. Beispielsweise in der Bildgebung umfasst der Begriff umzeichnend das Innere eines Organs.Parenchym in der Klinik
Parenchym – Abgrenzung zum Bindegewebe
Der grundlegende Unterschied zwischen Parenchym und Bindegewebe liegt in der Aufgabe der beiden Gewebe. Bindegewebe versorgt das Parenchym, indem es Gefäße und Nerven enthält und ist für die Gewebearchitektur durch Faserelemente zuständig, wobei es keine Organfunktion ausübt.
Das Parenchym hingegen übt mit seinen spezialisierten Parenchymzellen die Funktion des jeweiligen Organs aus. Die beiden Einheiten sind nicht anatomisch streng voneinander abgrenzbar, stattdessen bilden sie sogar mikroskopisch funktionelle Einheiten und stimmen ihre Aktivität durch biochemische Faktoren aufeinander ab.
Parenchym – Übersicht der wichtigsten Organparenchyme
Im Körper gibt es zahlreiche Organe, davon die hier betrachtete Leber, Milz, Schilddrüse, Niere, das Pankreas, das Nervengewebe und die Lymphknoten. Sie alle weisen organspezifische Besonderheiten auf, die in der Übersicht im Folgenden dargestellt werden. Neben den genannten weisen unter anderem auch der Magen, Darm, die Hypophyse und die Nebenniere spezifische Charakteristika auf.
Leberparenchym
Die Entwicklung des Leberparenchyms beginnt bereits in der dritten Schwangerschaftswoche aus dem Vorderdarm (Entoderm). Histologisch zeigt sich der Aufbau der Leber in Leberläppchen, Strukturelemente mit einem Durchmesser von etwa zwei Millimetern. Jeweils zwischen drei von diesen Leberläppchen liegt ein periportales Feld, welches die Gefäße der portalen Trias beinhaltet (Ductus hepaticus communis, Vena portae hepatis, Arteria hepatica propria). Sinusoide ziehen sternförmig von hier in Richtung der Zentralvene im Zentrum des Läppchens. Daher kommt die Bezeichnung als Zentralvenenläppchen.
Die Lebersinusoide sind Kapillaren, welche breiter als die typischen gebaut sind. In ihr befindet sich Mischblut der Vena portae hepatis und der Arteria hepatica propria, welches in den Zentralvenen mündet. Ihre Wand besteht aus diskontinuierlichem Endothel. Zwischen den Endothelzellen liegen große Poren, die den Stofftransport ermöglichen. Gegenüber von dem Endothel der Kapillaren finden sich die Hepatozyten. Sie sind vom Endothel durch einen Spalt getrennt, dem Disse-Raum (Perisinusoidaler Raum). Dieser kann die Stoffe der Hepatozyten aufnehmen und enthält weitere spezifische Zellen.
Die Hepatozyten machen den größten Teil der Leberzellen aus. Sie sind spezialisierte Epithelzellen mit vielfältigen Aufgaben im Stoffwechsel. Sie spielen unter anderem eine Rolle für die Cholesterinbiosynthese, den Harnstoffzyklus, die Synthese von Serumproteinen und die Biotransformation. Deshalb besitzen sie viele Zellorganellen. Ihre Funktion spiegelt sich in ihrem polaren Aufbau wieder. Basolateral an den Disse-Raum angrenzend liegt der Blutpol, der die Stoffe aus dem Blut aufnehmen und Syntheseprodukte abgeben kann. Apikal Richtung Gallenkanälchen findet sich der Gallepol, der für die Sekretion der Galle zuständig ist. Das Zytosol der Zellen enthält viel Glykogen und Mitochondrien, das endoplasmatische Retikulum ist stark ausgeprägt.
Im Disse-Raum finden sich Kupffer-Zelle und Ito-Zellen. Kupffer-Zellen sind leberspezifische Makrophagen, welche an den Endothelzellen der Sinusoide anliegen. Sie entfernen mittels Phagozytose Bakterien oder beschädigte Blutzellen. Die Ito-Zellen (Sternzellen) enthalten große Lipidtropfen, in denen sie das aufgenommene Vitamin A speichern. Außerdem produzieren sie das intralobuläre Bindegewebe.
Milzparenchym
Das Parenchym der Milz besteht zu 75 Prozent aus der roten Milzpulpa, dem Ort der Blutzellmauserung. Sie besteht aus Pulpasträngen, die ein Netz aus Retikulumszellen und retikulären Fasern bilden. Dazwischen liegen Plasmazellen und Makrophagen. Zwischen den Pulpasträngen liegen venöse Sinusoide, Blutgefäße mit diskontinuierlichem Endothel und weiten Schlitzen. Die Mauserung der Erythrozyten dient dem Abbau alter Blutzellen, welches auf einem speziellen Gefäßsystem basiert. Nur durch diesen Aufbau ist die Erfüllung der Aufgabe möglich.
Die restlichen 25 Prozent des Milzparenchyms bildet die weiße Pulpa, das lymphatische Gewebe der Milz. Sie dient der Aktivierung von Lymphozyten, die anschließend als Effektorzellen über die rote Pulpa zurück in den Blutkreislauf gelangen.
Schilddrüsenparenchym
Das Schilddrüsenparenchym gliedert sich in Lobuli (Läppchen) und enthält die Schilddrüsenfollikel. Diese wiederum beinhalten endokrin aktive Zellen und sind von Epithel ausgekleidet und von einer Basalmembran umgeben. Das Lumen im Inneren enthält das Kolloid, das Sekret der Schilddrüsenepithelzellen.
Zwei Zelltypen produzieren die Hormone der Schilddrüse. Die erste Art stellen die Thyreozyten (Follikelepithelzellen) dar, welche an der Basalmembran vorkommen, Anschluss an das Follikellumen haben und kubisch gebaut sind. Sie speichern und sezernieren das Kolloid, das Thyreoglobulin enthält, aus dem bei Bedarf die Schilddrüsenhormone T3 und T4 freigesetzt werden können.
Als zweiten Zelltypen gibt es die C-Zellen (parafollikuläre Zellen). Sie sitzen ebenfalls an der Basalmembran und liegen zwischen den Thyreozyten, haben im Gegensatz zu diesen aber keinen Anschluss an das Follikellumen. Sie präsentieren sich mikroskopisch größer und heller. Ihre Aufgabe liegt in der Produktion und Speicherung von Calcitonin, dem Gegenspieler des Parathormons. Außerdem enthalten die Granula Serotonin, Dopamin, Somatostatin und Motilin.
Nierenparenchym
Makroskopisch lassen sich im Nierenparenchym die Nierenrinde vom Nierenmark abgrenzen. Sie bilden eine funktionelle Einheit miteinander. Die Nierenrinde liegt direkt unter der Nierenkapsel und ist etwa einen Zentimeter breit. Sie enthält die Glomeruli und die Nierengefäße und sendet Säulen in das Nierenmark (Columnae renales). Das Nierenmark enthält das Tubulussystem und die Sammelrohre und besteht aus Markpyramiden (Pyramides renales), die mit der Basis im Rindenparenchym beginnen und sich in Richtung der Nierenkelche zuspitzen.
Mikroskopisch sind die wichtigsten Anteile der Niere die Nephrone, sie besitzt etwa eine Million davon. Sie setzen sich aus dem Nierenkörperchen (Corpusculum renale) und dem Nierentubulussystem zusammen, welches über die Sammelrohre an das Nierenbeckenkelchsystem angeschlossen ist. Im Gesamten dienen diese Funktionseinheiten der Ultrafiltration des Blutes und damit der Bildung des Primärharns (vor allem das Nierenkörperchen) und anschließend der Konzentrierung des Harns (Tubulussystem).
Im Nierenkörperchen sitzt der juxtaglomeruläre Apparat, eine Zellgruppe, die regulatorische Funktionen übernimmt. Der Apparat besteht aus drei Zelltypen:
- Extraglomeruläre Mesangiumzellen: Regulation der Nierendurchblutung
- Juxtaglomeruläre Zellen: glatte Muskelzellen, bilden Renin zu Regulation des Blutdrucks
- Macula densa: misst die Konzentration von NaCl
Neben den Aufgaben im Wasser- und Elektrolythaushalt, sowie im Säure-Base-Haushalt, bildet sie auch Hormone wie Erythropoetin (EPO) und Calcitriol (aktiviertes Vitamin D). Dafür enthält das Parenchym spezielle Zellen.
Pankreasparenchym
Das Parenchym des Pankreas gliedert sich in einen exokrinen und einen endokrinen Anteil. Der exokrine Teil ist eine seröse, exokrine Drüse, welche Verdauungsenzyme in ihrer Vorstufe sezerniert und produziert. Dafür enthält das Parenchym Acinuszellen und Pankreas-Sternzellen, wobei letztere ruhend Fett und Vitamin A speichern und im aktivierten Zustand Bindegewebe bilden. Die Schaltstücke sezernieren Bicarbonat und Wasser, während die interlobulären Ausführungsgänge Mucine freisetzen. Hier finden sich auch enteroendokrine Zellen zur Hormonproduktion.
Das Pankreas als endokrine Drüse ist jedoch hauptsächlich für die Hormonproduktion zuständig. Als Langerhans’sche Inseln liegen sie inselartig im exokrinen Pankreas, vorwiegend im Pankreasschwanz. Sie produzieren je nach Zellart unterschiedliche Hormone, wozu Insulin und Glucagon zählt, neben anderen Pankreashormonen.
Parenchym des Lymphknoten
Das Bindegewebe umschließt den Lymphknoten und gliedert das Parenchym in kleinere Kompartimente. In das retikuläre Bindegewebe sind Lymphozyten eingelagert. Man unterscheidet im Lymphknoten Rinde, Parakortex und Mark. Das Parenchym übernimmt dabei die Aufgabe der Aktivierung der Lymphozyten und die Affinitätsreifung der B-Lymphozyten.
Die Rinde enthält die Lymphfollikel mit den B-Zellen und ist Ort für deren Proliferation und Differenzierung, während sich die T-Zellen im Parakortex befinden. Charakteristisch sind in diesem Bereich die hochendothelialen Venolen, über welche die T-Lymphozyten in den Parakortex gelangen. Das Mark enthält Markstränge, die aus Retikulumszellen, Plasmazellen und Makrophagen bestehen. Sie sind essentiell für die antigenabhängige Affinitätsreifung der B-Lymphozyten.
Parenchym des Nervengewebes
Neurone und Gliazellen bilden die Grundlage des Nervengewebes. Neurone dienen der Aufnahme, Weiterleitung und Verarbeitung von Reizen, während die Gliazellen als Support die Neuronen ernähren und ein Gerüst für sie bilden.
- Leber, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 01.08.2024)
- Schilddrüse, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 01.08.2024)
- Niere, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 01.08.2024)
- Pankreas, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 01.08.2024)
- Lymphknoten, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 01.08.2024)
- Nervengewebe, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 01.08.2024)