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Zwischen dem Anus und den äußeren Geschlechtsteilen des Menschen befindet sich ein kleiner Übergang. Dieser wird in der Medizin als Perineum (Damm) bezeichnet. Im Artikel erfolgt die detaillierte Betrachtung von der Anatomie und Embryologie von dieser Struktur. Außerdem wirft er einen Blick auf die Klinik und die Erkrankungen im Zusammenhang mit dem Damm.
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Perineum (Damm) – Definition
Das Perineum, zu deutsch Damm, beschreibt den Abschnitt aus Gewebe zwischen dem Anfang des Anus und dem Ende des äußeren Geschlechtorgans der Frau oder des Mannes. Bei der Frau stellt damit die hintere Komissur der großen Schamlippen die Begrenzung dar, während beim Mann der Ansatz vom Skrotum (Hodensack) diese Aufgabe übernimmt.
Perineum (Damm) – Anatomie und Aufbau
Betrachtet man die Dammregion (Regio perinealis), so stellt das Perineum topographisch das Zentrum dieser Region dar. Muskeln der Beckenbodenmuskulatur bilden den Damm aus. Die Haut und das Unterhautgewebe ist sehr sensibel innerviert, weshalb die Zone zur Erogenität stark beiträgt. Dafür lässt der Nervus pudendus seine Äste in die Region einwandern.
Dammräume
Das Perineum lässt sich in zwei Räume unterteilen, den oberflächlichen und den tiefen Dammraum. Der oberflächliche Raum wird dabei als Spatium perinei superficialis bezeichnet und perfindet sich zwischen der Membrana perinei und der Fascia perinei superficialis. Letztere liegt direkt unterhalb des subkutanen Fettgewebes.
Der oberflächliche Raum enthält folgende Strukturen:
- Crura penis des Penis beziehungsweise Crursa clitoridis der Klitoris
- Bulbus penis
- Musculus ischiocavernosus
- Musculus bulbospongiosus
- Musculus transversus perinei superficialis
Der tiefe Raum, auch als Spatium perinei profundum bezeichnet, schließt sich in den darunter liegenden Gewebsschichten. Er enthält folgende Strukturen:
- Musculus transversus perinei profundus
- Musculus sphincter urethrae externus
- Pars membranacea urethrae als Teil der Harnröhre
- Glandulae bulbourethrales (Cowper-Drüsen) beim Mann
- Glandulae vestibulares majores (Bartholin-Drüsen) bei der Frau
- Endäste der Arteria und Vena pudenda interna
- Endäste des innervierenden Nervus pudendus
Im Mittelpunkt des muskulären Beckenbodens vereinigen sich einige Muskeln zum Centrum tendineum perinei. Darin strahlen folgende Muskeln ein:
- Musculus transversus perinei profundus und superficialis
- Musculus sphincter ani externus
- Musculus levator ani
- Musculus bulbospongiosus
- Musculus levator ani
Arterielle Versorgung
Alle Äste von Arterien, die das Perineum versorgen, entspringen der Arteria iliaca interna. Sie versorgen nicht nur die Dammregion, sondern gleichzeitig die gesamte Beckenwand und den gesamten Beckenboden.
Die Arteria iliolumbalis zieht im Becken hinter dem Musculus psoas major entlang nach außen (lateral) in die Fossa iliaca am Hüftbein (Os coxae).
Die Arteria pudenda interna verlässt das Becken über das Foramen infrapiriforme. Sie liegt mittig (medial) von der Arteria glutea inferior und dem Nervus ischiadicus, mit dem sie gemeinsam um die Spina ischiadica zieht. Durch den Alcock-Kanal (Canalis pudendalis) zieht sie im Verlauf nach vorne auf den Musculus transversus perinei profundus. Sie versorgt das größte Gebiet der drei Äste.
Die Arteriae sacrales laterales versorgen das Os sacrum und den Musculus piriformis. Sie ist hier zwecks Vollständigkeit aufgezählt
Venöser Abfluss
Der venöse Abfluss ist sehr leicht herzuleiten. Die Arterien begleiten jeweils eine gleichnamige Vene, die einen entgegen gerichteten Blutfluss führt.
Lymphabfluss
Auch der Lymphabfluss der Beckenbodenregion richtet sich nach der Blutversorgung. Um die Arteria iliaca interna und den Beginn ihrer Äste liegen die Nodi lymphatici iliaci interni. Sie drainieren die Lymphe des Beckenbodens, der Beckenorgane, der Beckenwand und der Fossa ischioanalis.
Die weiter kranial (oben) gelegenen Bereiche der Beckenwand drainieren in die Nodi lymphatici iliaci externi. Beide dieser Lymphbahnen vereinigen sich zu den Nodi lymphatici iliaci communes, die zu den Nodi lymphatici lumbales führen. Die Lymphe findet ab hier ihren Weg über die Trunci lumbales und Cisterna chyli zum Ductus thoracicus.
Innervation
Für die Innervation unterscheidet man zwischen der motorischen Innervation der Muskeln und der sensiblen Innervation der Haut. Die motorische Innervation der Muskeln des Beckenbodens übernehmen entweder Äste direkt aus dem Plexus sacralis oder Fasern des Nervus pudendus, der ebenfalls aus diesem entspringt.
Die sensible Innervation erfolgt über vier Nerven:
- Nervus ilioinguinalis oder Ramus genitalis des Nervus genitofemoralis aus dem Plexus lumbalis: Er ist zuständig für die Innervation des vorderen (ventralen) Bereichs des Skrotums beziehungsweise der großen Schamlippen.
- Nervi clunium inferiores: Den hinteren (dorsalen) und außen liegenden (lateralen) Bereich der Dammregion innerviert dieser Nerv.
- Nervi anococcygei: Ihre Fasern entspringen dem Plexus coccygeus und versorgen einen kleineren Bereich zwischen dem Anus und dem Steißbein.
- Nervus cutaneus femoris posterior: Dieser Ast des Plexus sacralis innerviert den vorderen und äußeren Abschnitt der Dammregion.
Perineum (Damm) – Embryologie
Während der Embryonalentwicklung entsteht das Perineum im Verlauf der fünften Entwicklungswoche. Die grundlegende Struktur ist dabei der Enddarm des Darmrohr. Er mündet in die sogenannte Kloake, eine Erweiterung des Endabschnitts, wo zu diesem Zeitpunkt der Anal- und Urogenitaltrakt nicht gemeinsam enden. Am Ende der fünften Woche trennt sich die Kloake in zwei Höhlen. Dafür zieht das Septum urorectale von kranial auf die Kloakenmembran und unterteilt den Ausgang in den ventral liegenden Sinus urogenitalis und den dorsal liegenden Analkanal.
Diese beiden Membranen, Kloakenmembran und Septum urorectale, besitzen eine Verschmelzungsstelle. Aus dieser entwickelt sich anschließend der primitive Damm beziehungsweise das primitive Perineum.
Perineum (Damm) – Klinik
Normalerweise spielt das Perineum im klinischen Alltag eher eine untergeordnete Rolle. Bei Geburten kann es aber relevant werden, denn dabei kann es reißen. Dann spricht man von einem sogenannten Dammriss.
Dammriss
Grund dafür ist die hohe Spannung des Damms, die er während der Geburt aushalten muss. Deshalb zählt der Dammriss zu den häufigsten Geburtsverletzungen. Je nach Ausprägung kann nicht nur die Haut des Perineums, sondern auch die Vaginalhaut, Beckenbodenmuskulatur und die Analsphinkteren einreißen. Er tritt bei etwa 30 Prozent aller vaginalen Geburten auf.
Die Einteilung von Dammrissen erfolgt nach Schweregrad in vier Grade.
- Bei Grad I reißt die Kutis und Subkutis, die Dammmuskulatur ist aber nicht beteiligt.
- Bei Grad II reißt die Dammmuskulatur, der Musculus sphincter ani externus ist jedoch nicht beteiligt.
- Grad III unterteilt man in drei Untertypen. Grad IIIa beschreibt die Durchtrennung des Musculus sphincter ani externus von weniger als 50 Prozent, während Grad IIIb die Durchtrennung des Muskels über 50 Prozent umfasst. Bei Grad IIIc ist der Muskel komplett durchtrennt und zusätzlich der Musculus sphincter ani internus betroffen.
- Grad IV beschreibt die zusätzliche Beteiligung des Rektums
Eine Sonderform des Dammrisses stellt der Buttonhole Tear dar. Dabei reißt die Analschleimhaut, der Musculus sphincter ani externus ist aber noch intakt. Sie kommt sehr selten vor und sollte mittels eine digital-rektalen Untersuchung ausgeschlossen werden. Erfolgt keine bedarfsgerechte Versorgung, besteht die Gefahr einer rektovaginalen Fistel und die Gefahr eines Risses des Muskels ist erhöht.Sonderform Buttonhole Tear
Einen Dammriss stellt man diagnostisch mittels Inspektion und Palpation von Vagina, Anus und Rektum fest. Ist die Verletzung entsprechend groß, kann eine Betäubung sinnvoll sein.
Einige Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines höhergradigen Dammrisses. Dazu zählt ein Geburtsgewicht über 4.000 Gramm und ein Kopfumfang von über 35 Zentimetern. Außerdem sind Erstgebärende gefährdet. Es gibt allerdings weitaus mehr Risikofaktoren als die hier genannten. Bei höhergradigen Dammrissen kann es zu Wundinfektionen und Dehiszenz, sowie analer Inkontinenz und rektovaginalen Fisteln kommen.
Wegen dieser Komplikationen und der hohen Wahrscheinlichkeit eines Dammrisses ist die Prävention sehr wichtig. Es helfen warme Kompressen, die auf das Perineum gelegt werden, auch eine Dammmassage ist hilfreich.
Episotomie
Eine Episotomie ist eine weitere Möglichkeit der Prävention von Dammrissen. Dabei wird der Geburtskanal operativ erweitert. Für die Methode infiltriert man zunächst den Damm mit lokaler Betäubung, anschließend führt man eine Schere mit der stumpfen Seite in die Vagina ein. Der Schnitt kann nun vor der Presswehe (vorzeitige Episiotomie) oder während der Presswehe (rechtzeitige Episitomie) gesetzt werden.
- Aumüller G et. al., Duale Reihe Anatomie, 5. Auflage, Thieme
- Geburtsverletzungen, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 23.08.2024)
- Beckenhöhle, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 23.08.2024)
- Übersicht des Verdauungssystems, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 23.08.2024)