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Die Plazenta ist ein lebenswichtiges Organ, das während der Schwangerschaft gebildet wird und den Austausch von Nährstoffen, Sauerstoff und anderen Stoffen zwischen Mutter und Fötus ermöglicht. Dieser Artikel beschreibt den Aufbau, die Entwicklung, die Funktion und eventuelle Erkrankungen des Organs.
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Plazenta – Definition
Die Plazenta (Mutterkuchen) ist ein scheibenförmiges Organ, das temporär während der Schwangerschaft in der Gebärmutter existiert und überlebenswichtige Funktionen für den Fötus hat.
Plazenta – Aufbau und Entwicklung
Der Aufbau und die Entwicklung der Plazenta können nicht ohne die Entwicklung des Embryos erklärt werden. Beide Prozesse sind so nah miteinander verbunden, dass es unvermeidlich ist die Frühentwicklung des Embryos mit zu besprechen.
Allgemeine Entwicklung
Nachdem das Spermium in die Eizelle (Oozyte) eingedrungen ist, vereinigen sich die mütterlichen Chromosomen mit den väterlichen. Dies ist möglich, da die Oozyte solange ihre zweite Reifeteilung pausiert, bis sie befruchtet wurde. Es entsteht eine gemeinsame Zelle (Zygote), die mit der Teilung (Mitose) beginnt. Die Zelle wird von der Zona pellucida umgeben. Nach drei Teilungen erreicht das Gebilde das sogenannte 8-Zell-Stadium. Danach entstehen zwei verschiedene Zelltypen. Der äußere Zellverband an der Innenwand der Zona pellucida wird von den Trophoblasten und der innere Zellverband von den Embryoblasten gebildet. Diese Struktur wird Morula genannt und entwickelt sich weiter zur Blastozyste. In dieser bildet sich ein Hohlraum, der mit Flüssigkeit gefüllt ist.
Am sechsten bis siebten Tag beginnt der Trophoblast in die Schleimhaut der Gebärmutter (Endometrium) einzudringen und beginnt mit der Implantation. Nun gliedert er sich in den Synzytiotrophoblasten, der mit dem Endometrium in Verbindung steht und in den Zytotrophoblasten, der weiterhin die äußere Hülle des Embryos darstellt.
Entwicklung der Plazenta
Zytotrophoblasten und Synzytiotrophoblasten beginnen zu einem Gewebe zu fusionieren (ein echtes Synzytium), wodurch nach dem circa zehnten Tag der Keim komplett in die Gebärmutterschleimhaut eingetaucht ist, wo er schon mit Vorräten der oberen Schleimhautschicht (Dezidua) versorgt werden kann. In der Schicht des Synzytiotrophoblasten beginnen sich Vertiefungen zu bilden, in die Gefäße der Gebärmutter einwachsen und den Raum mit mütterlichem Blut füllen. Dieser Raum wird später der intervillöse Raum sein. Auf der Seite des Embryos waches sogenannte Chorionzotten ein, die nur aus den Trophoblasten bestehen, in die später jedoch zusätzlich noch embryonales Bindegewebe (Mesenchym) eingebaut ist. Danach wachsen in diese Zotten noch Blutgefäße des Embryos ein. Nach den ersten vier Wochen der Entwicklung, bekommt der Embryo schon Anschluss an den Blutkreislauf der Plazenta.
Aufbau der definitiven Plazenta
Die Basalplatte bildet den Boden der Plazenta und befindet sich auf der Seite des Uterus. Auf der Seite des Embryos ist die Chorionplatte zu finden, die den Deckel der Plazenta ist. Der Raum dazwischen wird intervillöser Raum genannt und beinhaltet das mütterliche Blut aus den Spiralarterien der Gebärmutter. In diesen Raum ragen die Chorionzotten, die von der Chorionplatte abgehen, hinein. Die Chorionplatte ist zum Embryo hin vom Amnionepithel bedeckt, bei dem es sich um einschichtig kubisches Epithelgewebe handelt.
Die zwei Arterien der Nabelschnur geben Äste in die Plazenta ab, die sich dann in die Chorionzotten aufteilen und das Blut des Feten dorthin transportieren. Bei den reifen, tertiären Zotten bilden die Synzytiotrophoblasten und Trophoblasten eine äußere mit Mikrovilli besetzte Schicht, die in den intervillösen Raum hineinragt und vom mütterlichen Blut umgeben ist. Innerhalb dieser Schicht liegt das mesenchymale (embryonale) Bindegewebe, in das die Blutgefäße des Feten eingebettet sind. Dieser Aufbau wird als Plazentaschranke bezeichnet. Es ist der Weg, den Nährstoffe und co. überwinden müssen, um vom mütterlichen Blut ins fetale Blut zu wechseln.
An den Flächen der Basalplatte und Chorionplatte, die zum Blut hin weisen, entstehen Ablagerungen des Bindegewebes, die als Fibrinoide bezeichnet werden. Auf der Seite der Basalplatte ist dies der Nitabuch-Fibrinoid und auf der Seite der Chorionplatte der Rohr-Fibrinoid. Ihre Funktion ist vermutlich die Schaffung einer Barriere und die Schaffung einen Kontakts zwischen Plazenta und Gebärmutterschleimhaut.
Die Makrophagen (Fresszellen) der Plazenta werden Hofbauer-Zellen genannt. Sie produzieren große Mengen an endothelialen Wachstumsfaktoren, weshalb sie wahrscheinlich ein Rolle bei der Regulation der Gefäßentwicklung der Plazenta spielen.
Die Nabelschnur verbindet die Plazenza mit dem Feten. In ihr verlaufen zwei Arteriae umbilicales (Nabelarterien) und eine Vena umbilicalis (Nabelvene). Normalerweise transportieren Arterien sauerstoffreiches Blut und Venen sauerstoffarmes Blut, doch die Gefäße der Nabelschnur bilden eine Außnahme, da das sauerstoffreiche Blut zum Herzen des Feten in den Körperkreislauf gebracht werden muss und das sauerstoffarme Blut zurück in die Plazenta, um wieder mit Sauerstoff beladen zu werden. Entscheidend für die Nomenklatur der Gefäße ist die Flussrichtung des Blutes.
Lösung der Plazenta
Nach der Geburt muss sich die Plazenta ablösen und ausgestoßen werden, was auch als Nachgeburt bekannt ist. Nach dem das Kind die Gebärmutter verlassen hat, verkleinert sie sich und ihre glatte Muskulatur fängt an sich zusammenzuziehen. Dadurch wird die Ablösung und Austreibung der Plazenta unterstützt. Dieser Prozess findet ungefähr eine halbe Stunde nach Beendigung der eigentlichen Geburt des Kindes statt.
Plazenta – Funktion
Die Hauptaufgaben der Plazenta bestehen in der Versorgung des Feten und in der Produktion von Hormonen, die unter anderem die Schwangerschaft aufrecht erhalten.
Versorgung des Feten
Die Plazentaschranke bildet eine Diffusionsbarriere, durch die Gase und kleine hydrophobe (wasserabstoßende) Moleküle passieren können. Alle anderen Moleküle, die die Strecke nicht so leicht durchqueren können, werden mit Transporter durchgeschleust. Allerdings gibt es natürlich nicht für jeden Stoff einen Transporter, denn es soll auch nicht jeder passieren dürfen. Moleküle, die trotzdem durchkommen, obwohl sie es nicht sollen, können beispielsweise durch die ABC-Transporter wieder zurückgeschleust werden. Die Plazentaschranke ist etwas weniger “dicht”, als die Blut-Hirn-Schranke, also können Medikamente, die das Gehirn der Mutter erreichen auch bei dem Fötus ankommen.
Das Hämoglobin ist das Molekül, das den Sauerstoff im Blut transportiert. Beim Feten unterscheidet es sich durch eine höhere Sauerstoffaffinität als beim Erwachsenen. Dieser Unterschied bedingt die einfache Abgabe von Sauerstoff des Hämoglobin der Mutter auf das Hämoglobin des Kindes über die Plazentaschranke hinweg.
Hormonproduktion
Im Anfangsstadium produziert der Synzytiotrophoplast humanes Chorion-Gonadotropin (HCG), um den Gelbkörper (Corpus luteum) im Ovar aufrechtzuerhalten. Das Corpus luteum schüttet zu beginn der Schwangerschaft Progesteron aus, was nach dem Untergang des Gelbkörpers auch der Synzytiotrophoblast übernimmt, sobald die Plazenta weit genug entwickelt ist. Progesteron hält die Gebärmutterschleimhaut und damit die Schwangerschaft aufrecht. Bei nicht befruchteter Eizelle würde das Progesteron nicht mehr ausgeschüttet werden und die Schleimhaut mit der Monatsblutung abgestoßen werden. Außerdem induziert Progesteron die Differenzierung des Drüsengewebes der Brust.
Schwangerschaftstest
Die gängigen Schwangerschaftsteststreifen versuchen HCG nachzuweisen, um eine Schwangerschaft zu bestätigen, da die HCG-Produktion in der Plazenta erfolgt. Dieser Nachweis ist normalerweise etwa ab dem 14. Tag möglich.
Des weiteren wird der Plazenta Testosteron aus der Nebennierenrinde geliefert, aus der sie Estrogene mit dem Enzym Aromatase herstellt. Sie sorgen auch für das Wachstum der Brustdrüse, aber auch für das Wachstum der Gebärmutter.
Das Hormon Relaxin verantwortet die Reifung des Gebärmutterhalses und die Lockerung der Bänder des Beckengürtels. Andere in der Plazenta gebildete Substanzen greifen in den Glucose Stoffwechsel der Mutter ein. Das Plazentare Wachstumshormon (GH-V) sorgt für eine gewisse Insulinresistenz bei der Mutter, wodurch der Blutzuckerspiegel ansteigt und die Glucose-Versorgung des Feten sichergestellt werden kann. Das Humane plazentare Lactogen (HPL) dagegen steigert die Insulinsekretion als Schutz vor einem Schwangerschaftsdiabetes. Zum Ende der Schwangerschaft produziert das Gewebe noch vermehrt CRH (Corticotropin releasing hormone), dessen Wirkung eine Cortisolproduktion des Feten ist. Cortisol fördert die Reifung der Lungen des ungeborenen Kindes und über Umwege die Bildung von Oxytocinrezeptoren in der glatten Muskulatur der Gebärmutter, denn Oxytocin leitet die Wehen ein. Durch Bindung an den Oxytocinrezeptor wird die Muskulatur des Feten zur Kontraktion angeregt. In der Brust stimuliert es die Milchsekretion.
Plazenta – Erkrankungen
Ist der Stoffaustausch zwischen Fötus und Mutter in der Schwangerschaft gestört, spricht man von einer Plazentainsuffizienz. Ursachen können zum Beispiel eine Infektion oder eine vorzeitige Plazentalösung sein. Hierbei erfolgt das Lösen der Plazenta noch vor der Geburt des Kindes. Bei dieser Schwangerschaftskomplikation handelt es sich um einen medizinischen Notfall, da es zu starken Blutungen kommen kann und mit einer relativ hohen Mortalität des ungeborenen Kindes einhergeht.
Platziert sich die Plazenta in das untere Segment des Uterus, spricht man von einer Placenta praevia. Dabei verschließt sie den inneren Muttermund in etwa 20 Prozent der Fälle komplett. Klassischerweise treten vaginale Blutungen im letzten Schwangerschaftsdrittel auf. Das Risiko einer Placenta praevia wird durch vergangene Operationen am Uterus oder Kaiserschnitte erhöht.
- Lüllmann-Rauch, Renate: Taschenlehrbuch Histologie, Thieme (Stuttgart: 6. Auflage, 2019)
- Aumüller, Gerhard et al.: Duale Reihe Anatomie, Thieme (Stuttgart: 5. Auflage, 2020)
- Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie, Springer (Berlin, 10. Auflage)
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