Inhaltsverzeichnis
Das Hormon Progesteron spielt vorrangig im Zusammenhang mit gynäkologischen Krankheitsbildern und Schwangerschaften eine Rolle. Darüber hinaus beeinflusst es viele weitere Vorgänge sowohl im weiblichen als auch im männlichen Körper, die weit weniger bekannt und derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Studien sind. Dieser Artikel erklärt die wichtigsten Effekte von Progesteron und gibt Aussichten auf mögliche zukünftige Einsatzgebiete des Hormons in der Therapie chronischer Erkrankungen.
Inhaltsverzeichnis
Progesteron – Definition
Progesteron ist ein Steroidhormon, das aus Cholesterin gebildet wird. Seine wichtigsten Effekte bilden die Grundvoraussetzung für den Eintritt und die Aufrechterhaltung einer Schwangerschaft. Die Progesteron-Synthese erfolgt im Gelbkörper, der sich im Eierstock aus der Hülle der gesprungenen Eizelle entwickelt, sowie in der Plazenta, dem Mutterkuchen, der die Versorgung des Kindes im mütterlichen Körper sichert. Auch die Nebennieren produzieren Progesteron, wenn auch in geringerer Menge. Darüber hinaus entsteht es als Zwischenprodukt bei der Synthese von Testosteron im Hoden.
Progesteron ist ein Gestagen. Dies ist die medizinische Bezeichnung für ein vom Gelbkörper gebildetes Hormon.
Progesteron – Wirkung und Funktion
Die wichtigste Funktion von Progesteron ist die Schaffung günstiger Bedingungen für die Fortpflanzung. Das Hormon regt den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut an, in die sich eine befruchtete Eizelle einnisten kann. Gleichzeitig sorgt Progesteron für eine Entspannung der Muskulatur in der Gebärmutter und moduliert das Immunsystem, um eine Abstoßung des Embryos zu verhindern.
Es gibt viele Daten zu möglichen weiteren Effekten des Progesterons. Diese entstammen allerdings häufig Studien zur Hormonersatztherapie in und nach den Wechseljahren und beinhalten damit oftmals auch die Einflüsse des Östrogens, das in diesem Fall gleichzeitig mit Progesteron eingenommen wird.
Herz-Kreislauf-System
Progesteron wird eine blutdrucksenkende Wirkung zugeschrieben. Dies beruht auf der Feststellung, dass eine Östrogentherapie zu einer Erhöhung des Blutdrucks führt und dieser Effekt durch die Zugabe von Progesteron abgeschwächt werden kann. Es wird angenommen, dass die Blutdrucksenkung durch eine Entspannung der Muskulatur in den Wänden der Blutgefäße erfolgt, woraus eine Gefäßerweiterung resultiert. Auch präventive Effekte von Progesteron im Hinblick auf Herzrhythmusstörungen werden diskutiert, da das Hormon die Überleitungszeiten am Herzen beschleunigen und das Risiko für vorzeitig einfallende Herzschläge senken kann.
Weiterhin vermuten einige Autoren eine Schutzwirkung vor der Entstehung von Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose) durch Progesteron. Allerdings beschreiben andere, dass einige Progesteronpräparate für den Hormonersatz eher eine gefäßverengende Wirkung haben. Dies würde sich eher negativ auf das Herz-Kreislauf-System auswirken. Aktuell sind viele Studien zu den genannten Annahmen geplant, deren Ergebnisse sich auf künftige Therapieempfehlungen auswirken werden.
Zentrales Nervensystem
Im Jahr 2023 konnten Paula Neufeld und Lennart Stegemann von der Ruhr-Universität Bochum nachweisen, dass Progesteron einen zellschützenden Effekt auf die Nervenzellen des Magen-Darm-Traktes besitzt. Die Studie bietet Anlass für weitere dahingehende Forschungsprojekte. Denn sollten sich diese Auswirkungen auch an den Nervenzellen im Zentralen Nervensystem bestätigen, könnte dies die Vorbeugung und Behandlung von Erkrankungen wie Demenz und der Parkinsonkrankheit massiv beeinflussen.
In jedem Fall scheint Progesteron eine regulierende Funktion zu haben und zur Entspannung beizutragen. Hierdurch erklären sich Symptome wie Schlafstörungen, Gereiztheit und eine depressive Verstimmung während des Prämenstruellen Syndroms. Dieses beginnt meist kurz vor Einsetzen der Periode und ist eine Folge des abfallenden Progesteronspiegels am Zyklusende bei ausbleibender Schwangerschaft.
Glatte Muskulatur
Progesteron löst eine Entspannung der glatten Muskulatur an vielen Organen des Körpers aus. Es verhindert frühzeitige Anspannungen der Gebärmutter während der Schwangerschaft, erleichtert die Atmung und Sauerstoffaufnahme durch eine Erweiterung der Bronchien und trägt zur Blutdrucksenkung bei. Im Magen-Darm-Trakt bewirkt es eine Verlangsamung der Verdauungsbewegungen, was vor allem Schwangere in Form von Verstopfung und Blähungen wahrnehmen.
Bei einer unzureichenden Bildung von Progesteron, wie sie bei einer Funktionsstörung der Eierstöcke auftritt, kann sich die Gebärmutterschleimhaut in der zweiten Zyklushälfte nicht hinreichend aufbauen, um eine befruchtete Eizelle aufzunehmen und die Schwangerschaft aufrechtzuerhalten. Die Folgen reichen von Schmierblutungen und einer verkürzten zweiten Zyklushälfte über den unerfüllten Kinderwunsch bis hin zu Fehlgeburten. Durch das Fehlen der positiven Progesteron-Effekte nach den Wechseljahren sinkt im weiblichen Körper die Knochenqualität, was die Entstehung einer Osteoporose begünstigt. Zudem gibt es Hinweise auf eine Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen nach den Wechseljahren, was auch dem Progesteronmangel geschuldet sein könnte. Im männlichen Körper führt ein Progesteronmangel zu einem Libidoverlust und infolge einer übermäßigen Östrogenbildung zu einer Verweiblichung der Körpererscheinung.Progesteron Mangel
Mobilisierung von Energiereserven
Progesteron hemmt die Neubildung von Fettsäuren und den Einfluss des blutzuckersenkenden Hormons Insulin auf die Körperzellen. Dies begünstigt eine Gewichtsabnahme, da der Körper für die Aufrechterhaltung des Blutzuckerspiegels und für die Energiebeschaffung eingelagerte Reserven abbauen muss.
In der Schwangerschaft sorgen die Effekte des Progesterons für eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels, da der Zucker nicht an die Organe abgegeben werden kann. Durch den erhöhten Blutzucker stellt der Körper dem wachsenden Kind mehr Energie zur Verfügung. Ein Risiko ist dabei die Entstehung eines Schwangerschaftsdiabetes, was durch Screeningverfahren aufgedeckt werden kann.
Sonstige Effekte
Da am Ende einer Schwangerschaft ein Kind den mütterlichen Beckenboden durchtreten muss, ist eine frühzeitige Lockerung der Bänder und Sehnen in diesem Bereich erforderlich. Dieser Effekt wird von Progesteron ausgelöst. Das steigende Gewicht des Kindes und der wachsende Bauchumfang der Mutter können allerdings den Rücken überlasten, der nach der Bandlockerung nicht mehr adäquat gestützt wird. Es resultiert eine schmerzhafte Fehlhaltung im „Hohlkreuzes“.
Frauen, die nach der Symptothermalen Methode verhüten oder natürliche Familienplanung betreiben, machen sich einen Effekt des Progesterons zunutze. Dessen Anflutung im Körper nach dem Eisprung führt zu einem Temperaturanstieg um 0,2 bis 0,5 Grad Celsius, der bis zum Ende der Gelbkörperphase bestehen bleibt. Zusammen mit weiteren Anzeichen des Eisprungs kann die Frau so dessen ungefähren Zeitpunkt ermitteln und die zweite Zyklushälfte eingrenzen.
Progesteron – Abbau
Progesteron wird über einige Zwischenschritte in der Leber abgebaut. Seine finalen Umwandlungsstufen Pregnandiol und Pregnanolon verlassen den Körper mit dem Urin. Bei einer gestörten Leberfunktion ist der Abbau des Progesterons verlangsamt.
Häufige Fragen
- Was ist die Wirkung von Progesteron?
- Was erhöht den Progesteron-Spiegel?
- Was passiert, wenn der Körper zu viel Progesteron hat?
- Wann wird Progesteron ausgeschüttet?
Progesteron optimiert die Gebärmutterschleimhaut, damit sich eine befruchtete Eizelle darin einnisten kann. Bei erfolgreich eingetretener Schwangerschaft schützt es das wachsende Baby vor Abstoßungsreaktionen oder einer zu frühen Geburt, indem es das mütterliche Immunsystem teilweise herunterfährt und gleichzeitig Anspannungen der Gebärmuttermuskulatur unterbindet. Darüber hinaus scheint Progesteron blutdrucksenkende und zellschützende Eigenschaften zu haben, wodurch es sich als relevant für künftige Therapieschemata erweisen könnte.
Den Progesteron-Spiegel erhöht vor allem die körpereigene Produktion des Hormons in den Eierstöcken nach dem Eisprung. Darüber hinaus ist eine externe Zufuhr von Progesteron-Präparaten möglich.
Bei einem Überschuss an Progesteron kommt es zu übermäßiger Müdigkeit, Trägheit des Darmes und Brustspannen durch eine Vergrößerung des Brustdrüsengewebes. Ursachen für einen Progesteronüberschuss können ein zu lange erhaltener Gelbkörper, eine allgemeine Störung der Hormonproduktion im Körper oder auch hormonproduzierende Tumore sein.
Progesteron wird in der zweiten Zyklushälfte vom Gelbkörper und in der Schwangerschaft von der Plazenta ausgeschüttet. Die Nebennieren produzieren zudem eine kleine Menge Progesteron bei der Bildung männlicher Geschlechtshormone.
- Mühlhauser, I., & Beckermann, M. (2022). Menopausale Hormontherapie: Evidenz und Eingang in die Praxis. In H. e. Schröder, Arzneimittel-Kompass 2022, S. 113-126, Springer
- Kardiologie: Ist die “Pille” für Frauen mit Long-QT gefährlich?, https://www.springermedizin.de/... (31.08.2024)
- Kardiologie: Zyklus beeinflusst Herzrhythmus von Frauen mit Long-QT, https://www.springermedizin.de/... (02.09.2024)
- Wie beeinflussen Hormone den Blutdruck?, https://link.springer.com/... (02.09.2024)
- Zyklus & Hormone, https://www.frauenaerzte-im-netz.de/... (01.09.2024)