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Prokaryoten gehören zu den ältesten Lebensformen auf der Erde. Trotz ihrer mikroskopischen Größe und erstaunlich einfachen Struktur sind sie für das Leben, wie wir es kennen, von zentraler Bedeutung. Diese einzelligen Organismen haben sich in nahezu allen erdenklichen Umgebungen angepasst – von den Tiefen der Ozeane bis hin zu extremen Temperaturen in Vulkanen. In diesem Artikel sollen die Welt der Prokaryoten, ihre biologischen Besonderheiten und Bedeutungen näher gebracht werden.
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Prokaryoten – Definition
Prokaryoten umfassen einzellige Lebensformen, die keinen Zellkern besitzen und sich auch in anderen Punkten ihrer zellulären Organisation von den Eukaryoten (mit Zellkern) unterscheiden. Zu diesen kernlosen Lebewesen gehören die Domäne der Bakterien sowie der Archaeen.
Prokaryoten – Aufbau
Um den Aufbau der Prokaryoten zu verstehen, lohnt es sich ihn mit dem der eukaryotischen Zelle zu vergleichen, denn sie unterscheiden sich in einigen wesentlichen Merkmalen voneinander. Dies hat auch eine medizinische Bedeutung, zum Beispiel bei den Wirkmechanismen von Medikamenten.
Erbgut
Prokaryoten besitzen im Gegensatz zu den eukaryotischen Zellen keinen Zellkern, der das Erbgut in Form der DNA umhüllt. Auch die Formen, in der das Erbgut vorliegt unterscheiden sich stark voneinander. Eukaryoten organisieren die DNA in Form von Chromatin, sodass sie ihre deutlich vielfältigeren Erbinformationen effizienter verpacken können, da hierbei die DNA um sogenannte Histone gewickelt wird.
Bei den aller meisten prokaryotischen Zellen liegt die DNA als Ring vor, welcher häufig nicht mit Histon-Proteinen assoziiert ist. Ein paar Bakterien, wie die Borrelien, besitzen keine Ring-DNA, sondern lineare DNA mit zwei Enden.
Zusätzlich zu diesem Ringchromosom haben manche von ihnen noch sogenannte Plasmide. Dabei handelt es sich um kleinere, auch ringförmige, doppelsträngige DNA, die zum Beispiel die Information über Antibiotika-Resistenzen tragen und teils auch untereinander ausgetauscht werden kann. Dieser Prozess wird Konjugation genannt.
Ribosomen
Im Zytosol von prokaryotischen als auch von eukaryotischen Zellen finden sich Ribosomen, große Moleküle, die der Synthese von Proteinen dienen. Diese besteht aus einer kleinen sowie einer großen Untereinheit (UE), deren Sedimentationskoeffizient sich aber bei beiden Zelltypen unterscheidet:
- Prokaryoten – kleine UE: 30S, große UE: 40S, gesamt: 70S
- Eukaryoten – kleine UE: 40S, große UE: 60S, gesamt: 80S
Sedimentationskoeffizient
Der Sedimentationskoeffizient dient der Angabe, wie schnell sich ein Stoff in einem bestimmten Gravitationsfeld ablagert, wie dies bei einer Zentrifugation geschieht. Er wird in der Svedbergeinheit (S) angegeben und hängt von der Masse des Makromoleküls ab.
Zudem ist zum Beispiel die Erkennung der mRNA von den Ribosomen weniger komplex und geschieht über eine Shine-Dalgarno-Sequenz, die an die 16S-rRNA der Ribosomen bindet, die einen Teil der kleinen Untereinheit darstellt. Eukaryotische Zellen benötigen für diesen besser regulierten Schritt verschiedene Initiationsfaktoren. Generell kann man den Ablauf der Translation der mRNA in ein Protein der Eukaryoten als komplexer beschreiben.
Zellmembran und Zellwand
Die Zellmembran von Prokaryoten besteht aus einer gewöhnlichen Phospholipiddoppelschicht, die nach außen durch eine Zellwand abgegrenzt wird. Diese gibt es auch bei eukaryotischen Zellen, zum Beispiel bei Pflanzen. Die bakterielle Zellwand besteht aus mehreren Schichten Murein und je nach Art auch noch aus Teichonsäure oder Lipopolysacchariden.
Prokaryoten ohne typischen Zellwandbau sind zum Beispiel die Myobakterien.
Zellorganellen
Klassischerweise besitzen Prokaryoten keine Zellorganellen, die durch Membranen abgegrenzte Reaktionsräume bieten. Auch die bei der Zellteilung von Eukaryoten nötigen Zentriolen werden nicht ausgebildet.
Folgende Tabelle soll nochmal die wichtigsten Unterschiede zwischen Prokaryoten und Eukaryoten zusammenfassen:
Prokaryoten | Eukaryoten | |
Zellkern | Nein | Ja |
Erbgut | Meist Ringform | In Chromosomen verpackt |
Zellorganellen | Durch Membranen abgetrennte Kompartimente | Keine Kompartimentierung |
Fortbewegung | intrazellulär | extrazellulär |
Endosymbiontentheorie
Die Endosymbiontentheorie stellt die These auf, dass eukaryotische Zellen aus der Symbiose von prokaryotischen Zellen hervorgegangen sind. Veranschaulichen lässt sich das an der Annahme, dass Mitochondrien einst selbstständige prokaryotische Lebensformen gewesen sein sollen, die von einer anderen Zellform aufgenommen wurden und für diese eine Energieversorgung übernahmen.
Belegen lässt sich diese Theorie über verschiedene Hinweise. So haben Mitochondrien in ihrer Matrix eine eigene, ringförmige DNA, von der aber nur etwa ein Prozent noch für mitochondriale Proteine codiert. Zum anderen besitzen Mitochondrien eben jene 70S Ribosomen, die so typisch für das prokaryotische Leben sind.
Prokaryoten – Stoffwechsel
Im Laufe der Evolution haben sich die verschiedenen Bakterien und Archaeen unterschiedlichste Wege der Energiegewinnung angeeignet. Generell unterscheiden sich einige Stoffwechselleistungen von Eukaryoten und Prokaryoten eindeutig. Im Folgenden werden einige typische Stoffwechselwege prokaryotischer Lebensformen dargestellt.
Unterschiedliche Wege der Energiegewinnung
Bei der anaeroben Atmung werden organische Moleküle (z.B. Glucose) vollständig zu Wasser und Kohlenstoffdioxid oxidiert, was unter sauerstoffarmen Bedingungen und ohne die Verwendung molekularen Sauerstoffs geschieht. Diese Oxidationsprozesse geschehen auf unterschiedliche Arten und einige sind in folgender Tabelle kompakt dargestellt:
Typ der Atmung | Beispielreaktion |
Nitratatmung | z.B. Glucose + NO3- + H+ --> CO2 + N2 + H2O + Energie |
Sulfatatmung | z.B. Lactat + SO42- --> SH2 + Energie |
Carbonatatmung | z.B. H2 + CO2 --> CH4 + H2O + Energie |
Bei der Gärung handelt es sich um einen weiteren Weg der anaeroben Energiegewinnung, bei der der Organissmus nicht auf freien Sauerstoff angewiesen ist. Im Vordergrund steht hierbei allerdings der unvollständige Abbau organischen Materials. Zwei wichtige Arten der Gärung sind die alkoholische, bei der Ethanol entsteht und die Milchsäuregärung, bei der als Endprodukt Lactat (Milchsäure) anfällt.
Im Gegensatz zur anaeroben steht die aerobe Atmung, die unter Verwendung molekularen Sauerstoffs und dem vollständigen Abbau organischen Materials eine Energiegewinnung in Form von Adenosintriphosphat (ATP) katalysiert.
Unter Chemolithotropie versteht man einen Prozess der Energiegewinnung, bei dem anorganische Substanzen der Oxidation dienen. So findet man in Boden und Wasser zum Beispiel schwefeloxidierende oder eisenoxidierende Bakterien.
Photosynthese
Nicht nur Pflanzen, die ja zu den eukaryotischen Lebensformen gehören, sondern auch Prokaryoten sind in der Lage Photosynthese zu betreiben. Dabei werden organische Moleküle mit der Hilfe der Energie von UV-Strahlen aus Kohlenstoffdioxid aufgebaut. Die entstandenen organischen Moleküle können dann gespeichert und bei Bedarf zum Abbau für die Energiegewinnung verwendet werden.
Prokaryoten – Vorkommen
Bakterien und Archaeen kommen in vielen verscheidenen Lebensräumen vor und können sehr extreme Umgebungsbedingungen überleben, da sich manche Arten an diese im Laufe der Evolution angepasst haben. So lebt zum Beispiel das Bakterium Thermus aquaticus in heißen Quellen und Geysieren. Eines seiner Enzyme, die Taq-Polymerase, findet bei der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) Verwendung, da es eben unter enormen Hitzen die bei der PCR ablaufen immer noch arbeiten kann.
Prokaryoten – Klinik
Vor allem die Bakterien spielen eine große Rolle bei Infektionen, die den Menschen betreffen können. Dennoch hat die moderne Medizin eine Waffe gegen diese Keime hervorgebracht: Die Antibiotika. Bei ihnen macht man sich die strukturellen Unterschiede zu nutze, die Prokaryoten von Eukaryoten unterscheiden, um eben dem Bakterium und nicht dem Menschen zu schaden. Folgende Tabelle zeigt einige Antibiotikagruppen und ihre Wirkweisen:
Antibiotikum | Wirkung |
Makrolide | Hemmen die 50S-UE der Ribosomen |
Tetracycline | Hemmen die 30S-UE der Ribosomen |
Beta-Lactame | Hemmen die Zellwandsynthese |
Sulfonamide | Hemmen die Folsäure-Synthese |
Anzibiotikaresistenzen werden auf den Plasmiden von Bakterien codiert. So werden Zielstrukturen der Medikamente, die sie eigentlich hemmen sollten so verändert, dass die Wirkung nachlässt oder gar nicht mehr eintritt. Ein anderer Mechanismus ist das Ausschleusen der Wirkstoffe aus den Zellen. Durch vermehrte Antibiotikagaben mit breitem Spektrum entsteht ein gewisser Selektionsdruck, der das Wachstum multiresistenter Erreger begünstigt. Multiresistente Erreger führen mehr und mehr zu Problemen in der Krankenhaushygiene.
Häufige Fragen
- Was ist der Unterschied zwischen Prokaryoten und Eukaryoten?
- Wo leben Prokaryoten?
- Wie unterscheiden sich Bakterien von Archaeen?
- Sind alle Prokaryoten krankheitserregend?
Der Hauptunterschied zwischen Prokaryoten und Eukaryoten liegt im Zellaufbau. Prokaryoten besitzen keinen echten Zellkern; ihre DNA liegt frei im Zellplasma. Eukaryoten hingegen haben einen echten Zellkern, in dem die DNA von einer Membran umschlossen ist. Zudem sind Prokaryoten einfach gebaut und haben keine membranumhüllten Organellen wie Mitochondrien oder den Golgi-Apparat, während Eukaryoten über komplexe, membranumhüllte Organellen verfügen, die verschiedene Funktionen erfüllen.
Prokaryoten leben in nahezu allen Lebensräumen der Erde und sind extrem anpassungsfähig. Sie kommen im Boden vor, wo sie organisches Material abbauen und zur Bodenfruchtbarkeit beitragen, sowie im Wasser, von Flüssen bis zu den Tiefen der Ozeane, wo sie wichtige Rollen im Nährstoffkreislauf spielen. Einige Prokaryoten, besonders Archaeen, überleben in extremen Umgebungen wie heißen Quellen, Salzseen oder Tiefsee-Schloten. Auch im Körper von Menschen und Tieren sind Prokaryoten vorhanden, insbesondere im Darm, wo sie bei der Verdauung und Immunabwehr helfen. Prokaryoten finden sich zudem in der Luft und werden durch Winde verbreitet.
Ein wesentlicher Unterschied liegt in der Zusammensetzung ihrer Zellwände. Bakterien besitzen oft eine Zellwand, die aus Peptidoglykan besteht, einem Polymer aus Zucker und Aminosäuren. Archaeen hingegen haben keine Peptidoglykanschicht, sondern verwenden andere Zellwandbestandteile wie Pseudomurein, was ihre Struktur von der der Bakterien abhebt. Ein weiterer Unterschied betrifft die Membranlipide. Die Zellmembranen von Bakterien bestehen aus Esterlipiden, während Archaeen Etherlipide besitzen.
Auf genetischer Ebene und in der Proteinbiosynthese gibt es ebenfalls Unterschiede. Die genetischen Prozesse der Archaeen ähneln in vielen Aspekten mehr denen der Eukaryoten als denen der Bakterien. Schließlich gibt es auch noch Unterschiede im Stoffwechsel.
Nein, nicht alle Prokaryoten sind krankheitserregend. Tatsächlich gibt es viele Prokaryoten, insbesondere Bakterien und Archaeen, die harmlos oder sogar nützlich für den Menschen und die Umwelt sind.
- Bakterien, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 17.09.2024)
- Zelle, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 16.09.2024)
- Sedimentationskoeffizient, https://www.chemie.de/... (Abrufdatum: 16.09.2024)
- Endosymbiontentheorie, https://www.spektrum.de/... (Abrufdatum: 17.09.2024)
- Anaerobe Atmung, https://www.spektrum.de/... (Abrufdatum: 17.09.2024)