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Zumeist wird Prolaktin, das Hormon „für die Milch“, mit der weiblichen Brust und dem Stillvorgang in Verbindung gebracht. Es nimmt jedoch auch Einfluss auf den männlichen Organismus und besitzt einige komplexere Funktionen, die teils noch in Studien untersucht werden.
Dieser Artikel stellt Prolaktin und seine wichtigsten Aufgaben vor. Darüber hinaus gibt er einen Überblick über die aktuelle Forschung im Hinblick auf Prolaktin-Effekte im menschlichen Körper und deren Nutzbarkeit für künftige medizinische Therapien.
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Prolaktin – Definition
Das Hormon Prolaktin steuert die Milchbildung in der Brustdrüse und nimmt Einfluss auf den weiblichen Zyklus. Auch der männliche Körper produziert Prolaktin, wenn auch in geringerem Maße. Das Hormon ist bei beiden Geschlechtern wichtig für die Aufrechterhaltung ausgeglichener Geschlechtshormonspiegel. Dementsprechend können erhöhte oder erniedrigte Hormonspiegel sowohl bei Frauen als auch bei Männern gesundheitliche Störungen nach sich ziehen.
Die Prolaktin-Synthese erfolgt im vorderen Anteil der Hirnanhangsdrüse und wird angeregt durch Botenstoffe wie das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) und das Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH), wobei der genaue Mechanismus hierbei nicht gänzlich verstanden ist. Weiterhin können Östrogen und Serotonin die Prolaktin-Bildung fördern. Dies geschieht indirekt durch Unterdrückung von Dopamin, das den größten Hemmfaktor der Prolaktin-Bildung darstellt. Entsprechend können synthetisch hergestellte Dopamin-Äquivalente zum medikamentösen Abstillen und zur Behandlung bei Prolaktin-bildenden Tumoren (Prolaktinomen) eingesetzt werden.
Bereits im ersten Drittel einer Schwangerschaft steigt im Körper der Frau der Prolaktin-Spiegel an, wodurch sich die Brust der Mutter auf das spätere Stillen vorbereiten kann. Dieser Effekt hält noch wenige Wochen nach der Geburt an, bis dann die Prolaktin-Werte wieder langsam abfallen. Durch das Stillen kommt es immer wieder zu erneuten kurzen Anstiegen der Prolaktin-Freisetzung. Dies erklärt, warum sich die Milchbildung an Wachstumsphasen des Kindes mit höherem Stillbedarf anpassen kann.
Prolaktin – Wirkung und Funktion
Prolaktin regt das Wachstum der Brustdrüsen und die Milchbildung in der Brust an. Darüber hinaus stört es den Zyklus der Frau. Es unterbindet durch eine Hemmung der freien Geschlechtshormone einen neuerlichen Eisprung und verhindert so, zumindest in den ersten Monaten nach der Geburt, den Eintritt einer erneuten Schwangerschaft. Auch im männlichen Körper beeinflusst Prolaktin die Hormonspiegel und kann zu Unfruchtbarkeit, einer gestörten Libido und Erektionsstörungen beitragen.
Weitere Effekte des Hormons sind zumeist auf den Prolaktin-bedingten Ausfall der Geschlechtshormone zurückzuführen. Einige Wirkungen werden derzeit in wissenschaftlichen Studien entschlüsselt. Deren Ergebnisse könnten eine Einbindung des Hormons in zukünftige Therapien zur Folge haben.
Herz-Kreislauf-System
Eine eher seltene Erkrankung des Herzens, die mit Prolaktin in Verbindung gebracht wird, ist die Schwangerschafts-Herzschwäche (Postpartale Kardiomyopathie). Diese entsteht etwa bei einer von 1.000 Gebärenden rund um die Geburt und geht mit einer massiven Pumpschwäche des Herzmuskels einher, was sich durch ausgeprägte Luftnot und massive Wassereinlagerungen bei den betroffenen Frauen zeigen kann. Ursächlich ist eine Schädigung der Blutgefäße am Herzen durch ein Spaltprodukt des Prolaktins. In der Regel ist eine intensive medikamentöse Therapie erforderlich, wobei auch Prolaktin-Hemmer eingesetzt werden. Hierunter kommt es häufig zu einer guten bis vollständigen Erholung der Herzfunktion.
Über die Hemmung der Geschlechtshormone wie Östrogen reduziert Prolaktin zudem deren schützende Effekte auf das Herz-Kreislauf-System. Dies scheint jedoch nur bei dauerhaft und stark erhöhten Prolaktin-Spiegeln relevant zu sein.
Zentrales Nervensystem
Im Zentralen Nervensystem nimmt Prolaktin selbst eher geringen Einfluss. Jedoch kann ein Prolaktin-bildender Tumor durch Unterdrückung der anderen Hypothalamus-Hypophysen-Kreisläufe oder eine Verdrängung des Sehnervs letztlich zu Sehstörungen und einem hormonellen Ungleichgewicht im Körper führen, was sich wiederum auch auf das Gehirn auswirken kann. Die Folge sind Symptome wie Kopfschmerzen, eine Beeinträchtigung von Konzentration und logischem Denken, vermehrte Müdigkeit oder auch depressive Verstimmungen.
Glatte Muskulatur
Direkte Effekte des Prolaktins auf die glatte Muskulatur sind nicht beschrieben. Sie ergeben sich eher durch den Wegfall der entspannenden Wirkung peripherer Geschlechtshormone, deren Synthese und Freisetzung Prolaktin hemmt.
Die Abklärung erhöhter Prolaktin-Werte erfordert eine umfassende Anamnese und Untersuchung. Einmalig erhöhte Messwerte können als Folge von Stress oder körperlicher Anstrengung auftreten. Die häufigste organische Ursache ist das Prolaktinom. Seltener führt eine schwere Unterfunktion der Schilddrüse durch eine gesteigerte TRH-Bildung zu erhöhten Prolaktin-Spiegeln. Auch Medikamente können die Hormonsynthese anregen. In diesem Zusammenhang sind vor allem Dopamin-Analoga, einige Antidepressiva, Magensäureblocker und manche Blutdruckmedikamente zu beachten.Ursachen für einen erhöhten Prolaktin-Spiegel
Mobilisierung von Energiereserven
Prolaktin hat einen energiesparenden Effekt und bewirkt eine Zunahme der körpereigenen Reserven, was eine gute Versorgung in der Stillzeit garantiert. Es erhöht die Insulinempfindlichkeit der Gewebe und verbessert somit die Aufnahme von Zucker in die Zellen.
Sonstige Effekte
Die Prolaktin-Spiegel im Blut steigen vor allem in den frühen Morgenstunden an, also zumeist im Schlaf. Da sich eine erholsame Nachtruhe sehr positiv auf die Aktivität der Abwehrzellen auswirkt, vermuten Forscher, dass ein Zusammenhang zwischen der Prolaktin-Ausschüttung und dem Zustand des Immunsystems bestehen könnte. Groß angelegte Studien bestätigen die Effekte der beiden Hormone und bilden die Basis der aktuellen Forschung.
Prolaktin – Abbau
Wichtiger als der Abbau von Prolaktin ist die Hemmung überschüssiger Hormonbildung durch die hormonellen Feedback-Kreisläufe. Übersteigen die Prolaktin-Spiegel das erforderliche Maß, so baut die Leber einen Teil des Hormons durch enzymatische Spaltung ab und leitet die Spaltprodukte zur Ausscheidung an die Niere weiter.
Häufige Fragen
- Was ist die Wirkung von Prolaktin?
- Was erhöht den Prolaktin-Spiegel?
- Was passiert, wenn der Körper zu viel Prolaktin hat?
- Wann wird Prolaktin ausgeschüttet?
In erster Linie regt Prolaktin das Wachstum und die Vorbereitung der Brustdrüse auf die Milchbildung an. Darüber hinaus hemmt es die Synthese der Geschlechtshormone, unter anderem von Östrogen und Testosteron, in den Geschlechtsorganen.
Der Prolaktin-Spiegel steigt in der Schwangerschaft an, sobald das von der Plazenta freigesetzte beta-HCG und Progesteron auf die Hirnanhangsdrüse wirken. Hiernach regt das Stillen des Säuglings, beziehungsweise die Entleerung der Brust, eine akute Ausschüttung des Hormons an, was den allmählichen Abfall der Prolaktin-Synthese nach der Geburt verlangsamt. Bei häufigem und intensivem Stillen kann so die Milchbildung in akuten Phasen des Mehrbedarfes gesteigert werden.
Zu hohe Prolaktin-Spiegel führen zu einer ausgeprägten Vergrößerung der Brustdrüse und können eine spontane Absonderung von Milch aus der Brustwarze auslösen, was insbesondere ohne vorangegangene Schwangerschaft oder Geburt den Anlass zur diagnostischen Abklärung geben sollte. Auch Zyklusstörungen können infolge einer gestörten Hormonregulation auftreten. Eine übermäßige Freisetzung von Prolaktin kann unter anderem auf die Einnahme von Medikamenten oder auf einen Prolaktin-bildenden Tumor der Hirnanhangsdrüse zurückzuführen sein.
Prolaktin wird vor allem in den frühen Morgenstunden ausgeschüttet. Darüber hinaus finden sich kurzfristige Anstiege der Hormonspiegel beim Stillen oder beim Ausstreichen beziehungsweise Abpumpen von Muttermilch.
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