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Die Rumpfmuskulatur bildet das zentrale Stabilitätszentrum des menschlichen Körpers und ist weit mehr als nur ein Trainingsfokus für ästhetische Zwecke. Sie umfasst eine komplexe Gruppe von Muskeln, die den Oberkörper stabilisieren, die Wirbelsäule schützen und die Bewegungsabläufe zwischen Ober- und Unterkörper koordinieren. Eine gut trainierte Rumpfmuskulatur spielt nicht nur eine Schlüsselrolle in der Haltung und Balance, sondern reduziert auch das Risiko von Rückenbeschwerden und Verletzungen. In diesem Artikel werden die Funktionen und die Bedeutung einer starken und gesunden Rumpfmuskulatur beleuchtet.
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Rumpfmuskulatur – Definition
Rumpfmuskulatur – Anatomie und Einteilung
Die Rumpfmuskulatur wird basierend auf ihrer Lage und Funktion in die vorderen Bauchmuskeln, Rückenmuskeln und Brustmuskeln eingeteilt. Ferner kann die Beckenbodenmuskulatur auch noch als Teil des Rumpfs angesehen werden.
Rückenmuskulatur
Die autochthone Rückenmuskulatur ist Teil der Rumpfwand und sitzt tief umgeben von der Fascia thoracolumbalis. Die autochthonen Rückenmuskeln werden von direkten Ästen der Spinalnerven innerviert und in ihrer Gesamtheit auch als Musculus erector spinae bezeichnet. Etwas oberflächlicher liegen die nicht autochthonen Muskeln des Rückens.
Autochthone Muskeln des Rückens sind entwicklungsgeschichtlich an dem Ort entstanden, an dem sie im menschlichen Körper liegen und sind nicht wie die nicht auchtochthone Muskulatur erst dort eingewandert. Man kann die auchtochthone Rückenmuskulatur in einen medialen und lateralen Trakt sowie in die kurzen Nackenmuskeln unterteilen. Zu dem medialen Trakt gehören folgende Muskeln:
Spinales System:
- Musculi interspinales
- Musculus spinalis
Transversospinales System:
- Musculi rotatores breves
- Musculi rotatores longi
- Musculus multifidus
- Musculus semispinalis
Die Muskeln des medialen Traktes liegen tief zwischen den Dorn– und Querfortsätzen der Wirbelkörper, wohingegen die das lateralen Traktes sich eher zwischen Querfortsatz und Rippen befinden. Der laterale Trakt besteht aus folgenden Muskeln:
Sakrospinales System:
- Musculus iliocostalis
- Musculus longissimus
Spinotransversales System:
- Musculus splenius
Intertransversales System:
- Musculi intertransversarii
- Musculi levatores costarum
Kurze Nackenmuskeln stehen mit dem Os occipitale und den Halswirbelkörpern in Verbindung. Sie übernehmen hauptsächlich Funktionen im Zusammenhang mit der Bewegung der Kopfgelenke.
Die auchtochthone Muskulatur des Rückens wird von der Fascia thoracolumbalis umgeben, die aus einem tiefen Blatt (Lamina profunda) und einem oberflächlichen Blatt (Lamina superficialis) besteht. Das tiefe Blatt trennt die Muskeln von der Bauchmuskulatur und entspringt dem Beckenkamm (Crista iliaca) und den seitlichen Fortsätzen der Lendenwirbel. Dahingegen bedeckt das oberflächliche Blatt die auchtochthone Rückenmuskulatur zu Rücken hin und entspringt den Dornfortsätzen verschiedener Wirbelkörper und dem Beckenkamm.
Die Rückenmuskeln nicht autochthoner Herkunft umfassen die Musculi serratus posterior superior und inferior. Sie sind nach der Entwicklung in den Rücken eingewandert. Der Musculus serratus posterior superior entspringt den Processi spinosi des vierten Halswirbelkörpers bis zweiten Brustwirbelkörpers. Sein Ansatz zieht sich von der zweiten bis zur fünften Rippe. Dahingegen entspringt der Musculus serratus posterior inferior erst den Dornfortsätzen des elften Brustwirbelkörpers bis zu dem des zweiten Lumbalwirbelkörpers. Er setzt an der achten bis zwölften Rippe an.
Auch der Musculus latissimus dorsi zählt zu den sekundär eingewanderten Muskeln des Rückens. Er entspringt vor allem den Wirbelkörpern und Rippen, setzt aber am Oberarm an und hat damit vor allem funktionelle Bedeutung für die Bewegung der oberen Extremitäten. Zu dieser Art Muskulatur zählen auch alle drei Anteile des Musculus trapezius, einem großen Muskel im Nacken. Durch seine Ansätze am Schulterblatt (Scapula) hat auch er eine Bedeutung beim Anheben des Armes. Drei Rückenmuskeln die auch an der Scapula inserieren sind der Musculus levator scapulae und die Musculi rhomboidei major und minor. Der Musculus serratus anterior hat die Aufgabe, das Schulterblatt für die Elevation des Armes vorzubereiten und befindet sich auf der ventralen Seite des Schulterblattes und entspringt den Rippen eins bis neun.
Thoraxmuskulatur
In der Gruppe der Brustkorbmuskeln sind einige wichtige enthalten, die unentbehrlich für eine normale Atmung sind. Die Musculi intercostales externi verlaufen vom Unterrand einer Rippe bis zum Oberrand der nächst tiefer gelegenen. Dabei ziehen die Muskeln von hinten, oben nach vorne, unten. Ihre Funktion ist es, die Einatmung (Inspiration) durch Heben der Rippen zu ermöglichen. Tiefer liegen die Musculi intercostales interni, die vom Oberrand einer Rippe zum Unterrand der nächst höher gelegenen verlaufen und dabei von hinten, unten nach vorne, oben ziehen. Sie senken die Rippen herab und führen somit zu einer Ausatmung (Exspiration).
Es existieren drei Musculi scaleni: Musculus scalenus anterior, medius und posterior. Sie verlaufen von der Halswirbelsäule zu den oberen Rippen des Brustkorbes, wodurch sie ein Heben der oberen Rippen, und verschiedene Bewegungen der Halswirbelsäule ermöglichen.
Ein weniger prominenter Vertreter der Brustkorbmuskulatur ist der Musculus transversus thoracis, da er auf der Innenseite des Thorax verläuft und dadurch weniger auffällt. Er unterstützt die Ausatmung durch eine Senkung der Rippen.
Der wahrscheinlich prominenteste Vertreter der Thoraxmuskeln ist das Zwerchfell (Diaphragma), das die Brusthöhle nach unten verschließt. Es ist der wichtigste Muskel, wenn es um die Atmung geht. Bei Anspannung des Muskels senkt sich das Zwerchfell und zieht dabei die Lungen mit herab. Dadurch vergrößert sich das Lungenvolumen, wodurch Luft eingeatmet werden kann.
Bauchmuskulatur
Eine Einteilung der Bauchmuskulatur erfolgt in vordere, seitliche und hintere Bauchmuskeln. Den vorderen Bauchmuskel bildet der Musculus rectus abdominis, der durch sehnige Intersectiones tendineae unterteilt ist, wordurch das klassische Bild eines “Six-Packs” entsteht. Nach außen schließt sich dem Musculus rectus abdominis die Fascia abdominis superficialis an. Oberhalb der Linea arcuata wird er außerdem von der Aponeurose des Musculus obliquus externus abdominis überdeckt, der zu den seitlichen Bauchmuskeln zählt. Nach innen wird er hier von der Aponeurose des Musculus obliquus internus abdominis und des Musculus transversus abdominis bedeckt, die ebenfalls beide den seitlichen Bauchmuskeln angehörig sind.
Unterhalb der Linea arcuata verlaufen alle Aponeurosen der seitlichen Bauchmuskeln vor den Musculus rectus abdominis. Es liegt ihm nach innen nun nur noch die Fascia transversalis auf, die schließlich vom parietalen Peritoneum bedeckt wird und somit die Bauchhöhle nach außen abgrenzt. Der Musculus obliquus internus abdominis geht in den Musculus cremaster über, der den Hoden anheben kann.
Die hintere Bauchmuskulatur schließt sich nach innen an und beinhaltet den Musculus quadratus lumborum sowie den Musculus psoas major. Zusammen bilden sie ein Lager, in die die Nieren in ihrer Fettkapsel (Capsula adiposa) eingebettet sind.
Linea arcuata
Die Linea arcuata ist eine anatomische Struktur im Bereich der vorderen Bauchwand. Sie stellt die untere Grenze der posterioren Schicht der Rektusscheide dar, die den Musculus rectus abdominis umgibt. Oberhalb der Linea arcuata wird der Muskel von einer vorderen und einer hinteren Schicht der Rektusscheide umhüllt, während unterhalb der Linea arcuata die hintere Schicht fehlt, und der Muskel direkt auf der Fascia transversalis liegt. Die Linea arcuata befindet sich typischerweise etwa auf Höhe des Bauchnabels oder knapp darunter.
Muskel | Ursprung | Ansatz | Innervation |
M. rectus abdominis |
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M. obliquus externus abdominis |
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M. obliquus internus abdominis |
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M. transversus abdominis |
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Brustmuskulatur
Zu den Brustmuskeln des Rumpfes gehören der Musculus pectoralis major sowie minor und der Musculus subclavius. Der größere Pectoralis major liegt über dem kleineren Musculus pectoralis minor. Funktionell spielen auch sie eher eine Rolle bei der Bewegung der oberen Extremität.
Muskel | Ursprung | Ansatz | Innervation |
M. pectoralis major |
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M. pectoralis minor |
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M. subclavius |
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Beckenbodenmuskulatur
Im weiteren Sinne gehört auch die Beckenbodenmuskulatur zu den Muskeln des Rumpfes, denn sie trennt den Bauchraum vom Beckenraum. Der Beckenboden lässt sich in drei Etagen gliedern: Die obere, mittlere und untere Etage.
In der oberen Etage liegt das Diaphragma pelvis. Den größten Anteil an dieser Struktur hat der Musculus levator ani, der von zwei Faszien umschlossen ist. Dieser relativ große Muskel hat drei Anteile: der innerste Musculus puborectalis, der sich daran nach außen anschließende Musculus pubococcygeus und der äußerste Musculus iliococcygeus. In seiner Gesamtheit legt sich der Muskel wie eine Schlinge um das Rektum und trägt damit zur willkürlich beeinflussbaren Stuhlkontinenz bei.
In der mittleren Etage liegt das Diaphragma urogenitale. Der größte Anteil wird hier vom Musculus perinei profundus gebildet. Er zieht den Rami der Beckenknochen beider Seiten zur Wand der Vagina und der Harnröhre. Dieser Muskel hat noch einen kleineren Nachbarn, der etwas oberflächlicher verläuft – Den Musculus transverus perinei superficialis. Das Diaphragma urogenitale bildet einen Verschlussmechanismus für die Harnröhre.
In der unteren Etage liegen sowohl Schließmuskeln als auch Schwellkörper. Vor allem sind der Musculus bulbospongiosus, ischiocavernosus, sphincter urethrae externus und sphincter ani externus in dieser Region zu finden. Der Musculus ischiocavernosus entspringt dem Os ischii (Sitzbein) und zeiht dann zum Penis beziehungsweise bei der Frau zur Klitoris. Es sorgt bei Kontraktion (bei der Erektion) für ein Befördern von Blut in die Klitoris oder die Schwellkörper des Penis. Bei der Frau verläuft der Musculus bulbospongiosus um den Scheideneingang und kann diesen verschleißen. Im männlichen Körper umschließt dieser Muskel die Schwellkörper. Der Musculus sphincter ani externus verschleißt den Analkanal und kann willentlich beeinflusst werden. Das gleiche gilt für den Musculus sphincter urethrae externus, bis auf dass er die Harnröhre verschleißt und so zur Harnkontinenz beiträgt.
Rumpfmuskulatur – Funktion
Eigentlich leisten die Rumpfmuskeln einen wesentlichen Beitrag zur Funktionalität und Gesundheit des gesamten Körpers. Die tieferliegende Rumpfmuskulatur, wie der Musculus transversus abdominis und der Musculus multifidus, sorgt für eine stabile Haltung der Wirbelsäule und schützt sie vor Überlastung und Verletzungen. Eine starke Rumpfmuskulatur unterstützt eine aufrechte Körperhaltung und verbessert die Balance, indem sie den Oberkörper stabilisiert, unabhängig von Bewegungen der Gliedmaßen.
Die Rumpfmuskeln ermöglichen Bewegungen wie Beugen, Drehen und Strecken des Rumpfes. Sie unterstützen zudem seitliche Bewegungen und Rotationen. Zusätzlich bilden die Bauchmuskeln und der Beckenboden eine Schutzschicht für die im Bauch- und Beckenraum liegenden Organe. Einige Rumpfmuskeln, wie der Musculus obliquus internus und der Musculus transversus abdominis, wirken als Atemhilfsmuskeln und unterstützen die Atmung, insbesondere bei körperlicher Anstrengung.
Rumpfmuskulatur – Klinik
Geht die Integrität der vorderen Rumpfwandmuskulatur verloren, kann die Bauchwand leichter brechen und es kann einfacher Inhalt der Bauchhöhle durch diesen Bruch gelangen. Solche Krankheitsbilder werden als Hernien bezeichnet. Gerade im Bereich der Bauchwand und des Leistenkanals liegen besonders anfällige Schwachstellen, durch die ein solcher Bruch begünstigt ist.
Drei typische Schwachstellen der inneren Bauchwand sind die Fossa supravesicalis oberhalb der Harnblase, die Fossa inguinalis medialis, die als Hesselbach-Dreieck bekannt ist und die Fossa inguinalis lateralis. Diese drei Schwachstellen sind typische innere Bruchpforten für Leistenhernien.
Eine Hernia supravesicalis tritt durch die Fossa supravesicalis in die Bauchwand ein und typischerweise durch den Anulus inguinalis superficialis des Leistenkanals wieder aus. Die direkte Leistenhernie bricht in die Bauchwand über die Fossa inguinalis medialis und tritt aus ihr ebenfalls über den Anulus inguinalis superficialis aus. Damit befinden sich diese direkten Leistenhernien außerhalb des Musculus cremaster im Leistenkanal. Die indirekte Leistenhernie tritt klassischerweise durch die Fossa inguinalis lateralis als innere Bruchpforte und den Anulus inguinalis superficialis als äußere Bruchpforte. Damit liegt auch dieser Brucksack im Leistenkanal, allerdings in diesem Fall umschlossen vom Musculus cremaster.
Bei dem sogenannte Nabelbruch oder Nabelhernie liegt die innere Bruchpforte in der Nabelregion und tritt auch in diesem Bereich aus der Bauchwand aus. Er kann angeboren vorliegen oder auch im Verlauf erworben werden. Durch ein Abweichen des Musculus rectus abdominis kann Inhalt der Bauchhöhle durch die Linea alba brechen und für eine sogenannte Rektusdiastase sorgen. Sollten sich durch Operationen durch die Bauchwand dort Schwachstellen gebildet haben, könne auch hier Hernien entstehen, die dann Narbenhernien genannt werden. Eine Hernie, die durch den Beckenboden bricht, heißt Hernia perinealis und kommt nur äußerst selten vor.
Häufige Fragen
- Warum ist die Rumpfmuskulatur wichtig?
- Wie trainiert man die Rumpfmuskulatur effektiv?
- Welche Probleme können durch eine schwache Rumpfmuskulatur entstehen?
Die Rumpfmuskulatur stabilisiert die Wirbelsäule, unterstützt eine aufrechte Haltung und verbessert die Kraftübertragung zwischen Ober- und Unterkörper. Eine starke Rumpfmuskulatur reduziert das Verletzungsrisiko und schützt vor Rückenschmerzen.
Übungen wie Planks, Side Planks, und Glute Bridges sind beliebte Methoden, um die Rumpfmuskulatur zu stärken. Balanceübungen auf instabilen Unterlagen aktivieren besonders die tiefe Muskulatur.
Eine schwache Rumpfmuskulatur kann zu Fehlhaltungen, Rückenbeschwerden und einem erhöhten Verletzungsrisiko führen, insbesondere bei körperlicher Belastung.
- Aumüller, Gerhard et al.: Duale Reihe Anatomie, Thieme , 5. Auflage, 2020
- Schenke, Michael et al.: Prometheus Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem, Thieme , 6. Auflage, 2022