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Der Sinusknoten, oft als “natürlicher Schrittmacher” des Herzens bezeichnet, ist ein faszinierendes und lebenswichtiges Element des menschlichen Herz-Kreislauf-Systems. Als kleine, aber mächtige Struktur im rechten Vorhof des Herzens spielt der Sinusknoten eine entscheidende Rolle bei der Regulation des Herzrhythmus und der Koordination der Herzfrequenz. Dieser Artikel bietet eine tiefgreifende Erkundung des Sinusknotens, von seiner Anatomie und Physiologie bis hin zu den Störungen, die seine Funktion beeinträchtigen können, sowie den aktuellen Entwicklungen in der Diagnose und Behandlung von Sinusknotenerkrankungen.
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Sinusknoten – Definition
Der Sinusknoten, auch als Sinoatrialknoten (SA-Knoten, Latein: Nodus sinuatrialis) oder Keith-Flack-Knoten bekannt, ist ein spezialisiertes Gewebe im Herzen, das als primärer Schrittmacher fungiert. Er befindet sich im rechten Vorhof des Herzens, in der Nähe der Einmündung der oberen Hohlvene (Vena cava superior). Seine Hauptfunktion besteht darin, elektrische Impulse zu generieren, die die Kontraktion des Herzens steuern und somit die Herzfrequenz regulieren. Diese Impulse breiten sich von den Vorhöfen zu den Herzkammern aus, wodurch ein koordinierter Herzschlag gewährleistet wird.
Sinusknoten – Lage und Aufbau
Beim Sinusknoten handelt es sich um die spezialisierten Herzmuskelzellen, die sich knotenförmig zusammenlagern. Er findet sich dorsal in der Wand des rechten Vorhofs (Atrium). Hier liegt er subepikardial in unmittelbarer Nähe der Einmündung der oberen Hohlvene. Die genaue Position des 10-20 mm langen Bündels bezeichnet man auch als Sulcus terminalis.
Vom Sinusknoten aus verläuft das interatriale Bündel, dass die Erregungsweiterleitung innerhalb der Vorhöfe ermöglicht. Darüber hinaus besteht die Theorie über Internodal-Bündel als Erregungs-Verbindungsbahnen zwischen Sinusknoten und dem nachgeschalteten Atrioventrikularknoten (AV-Knoten). Da diese histologisch jedoch nicht abgrenzbar sind, ist die Existenz umstritten.
Die atriale Versorgung des Sinusknoten erfolgt bei den meisten Menschen aus einem Ast der A. coronaria extra (RCA), dem R. nodi sinuatrialis.
Innervation des Herzens: Der Plexus cardiacus
Obwohl die Herzerregung direkt in den herzeigenen Zellen entsteht, wird die Herzerregung durch externe Innervation beeinflusst. Dabei treffen im Plexus cardiacus (Herznervengeflecht) nicht nur sensible Fasern, sondern auch Nerven des Sympathikus und Parasymphatikus aufeinander. Die sympathischen Fasern bestehen dabei primär aus drei großen Nerven, die auf Höhe der Halsganglien entspringen:
- N. cardiacus cervicalis superior
- N. cardiacus cervicalis medius
- N. cardiacus cervicalis inferior
Darüber hinaus steuert der thorakale Sympathikus Remi cardiaci thoracici bei. Die Nerven des Parasympathikus folgen einem ähnlichen Prinzip. Hierbei handelt es sich jedoch um präganglionäre Fasern aus dem N. vagus, die subepikardial umgeschaltet werden.
Effekte des Plexus cardiacus
Die Innervation des Herzerregungssystem hat bedeutende Auswirkungen auf die Herzfunktion und den gesamten Herz-Kreislauf:
- Bei Reizung des Sympathikus wird die Schlagfrequenz erhöht (positiv chronotrop), die Kontraktionskraft erhöht sich (positiv inotrop) und die Reizweiterleitung erfolgt schneller (positiv dromotrop). Die allgemeine Reizschwelle ist gesenkt (positiv bathmotrop).
- Eine Reizung der paarsympathischen Nerven resultiert in einer Abnahme von Schlagfrequenz und Schlagstärke (negativ chronotrop und inotrop). Die Reizschwelle ist erhöht, wodurch die Erregbarkeit sinkt (negativ bathmotrop) und die Erregungsleitung verlangsamt sich (negativ dromotrop).
Sinusknoten – Funktion und Schrittmacherpotential
Die Herzmuskelzellen, die am Erregungssystem des Herzens beteiligt sind, verfügen über einen speziellen Aufbau. Da hier die Erregung entsteht, werden sie auch als Schrittmacherzellen bezeichnet. Prinzipiell kann jede Schrittmacherzelle ein Erregungspotential (Schrittmalcherpotential) auslösen, indem sie spontan depolarisieren. Im physiologischen Zustand verfügen die spezialisierten Herzmuskelzellen im Sinusknoten über die höchste Frequenz der Depolarisation, weswegen die Erregung hier entsteht und sich über das restliche Erregungsleitungssystem des Herzens ausbreitet. Man nennt sie auch primäre Schrittmacherzellen. In Ruhe beträgt ihre Frequenz etwa 60 bis 80 Schläge pro Minute.
Erregungsweiterleitung im Herzen
Die Basis für eine funktionierende Erregungsweiterleitung am Herzen, ist der Aufbau der Herzmuskelzellen, die über Glanzstreifen miteinander verbunden sind. In diesen Abschnitten befinden sich viele Gap Junctions, die man sich als kleine, offene Verbindungen zwischen den Zellen vorstellen kann. Sie sorgen für eine elektrische Kopplung der Herzmuskelzellen. Verändert sich in einer Zelle das Potential, wird diese Erregung auf alle anderen Zellen ausgebreitet. Man nennt die Verbindung funktionelles Synzytium.
HCN-Kanäle
Die HCN-Kanäle der Schrittmacherzellen sind Kationenkanäle, die durch Hyperpolarisation geöffnet werden. Anders als die meisten anderen Zellen haben sie kein Ruhepotenzial und verbleiben nach der Repolarisation bei etwa -60 mV (anders als das normale Ruhepotential von -90 mV). Durch die geöffneten HCN-Kanäle (die man auch I-funny-channels nennt) kommt es zu einem Einstrom von Kationen in die Zelle (besonders Natrium-Ionen). Dadurch entsteht eine langsame Depolarisation – das Potential der Zelle wird langsam positiver. Bei -40 mV wird der Einstrom von Kationen durch die Öffnung von Kalzium-Kanälen (T-Typ) unterstützt, wodurch zusätzlich Kalzium-Kanäle vom L-Typ aktiviert werden, die letztendlich die Muskelkontraktion ermöglichen. Das maximale Potenzial wird bei + 20 mV erreicht, danach Repolarisiert die Zelle wieder. Hierfür sind vor allem Kaliumkanäle verantwortlich.
Sinusknoten – Defekt und Beschwerden
Beschwerden des Sinusknotens, auch als Sick-Sinus-Syndrom bekannt, können zu verschiedenen Herzrhythmusstörungen führen. Zu den Symptomen gehören unregelmäßiger Herzschlag (Arrhythmie), langsamer Herzschlag (Bradykardie), Schwindel, Müdigkeit, Ohnmacht (Synkopen) und Kurzatmigkeit. Ursache sind meistens degenerative Alterserkrankungen, beispielsweise die Koronare Herzkrankheit (KHK). Therapie bei symptomatischen Patienten/-innen ist meist eine Schrittmacherimplantation.
Herzschrittmacher – was ist das eigentlich?
Ein Herzschrittmacher ist ein medizinisches Gerät, das elektrische Impulse erzeugt, um den Herzschlag zu regulieren und eine gleichmäßige Herzfrequenz aufrechtzuerhalten. Er wird unter die Haut implantiert und über Elektroden mit dem Herzen verbunden, um bei Herzrhythmusstörungen wie Bradykardie die Herzfunktion zu unterstützen.
SA-Block
Ein SA-Block, auch sinoatrialer Block genannt, ist eine Herzrhythmusstörung, bei der die Übertragung elektrischer Impulse vom Sinusknoten zu den Vorhöfen gestört ist. Diese Impulse, die normalerweise den Herzschlag regulieren, werden teilweise oder vollständig blockiert, was zu unregelmäßigen oder ausbleibenden Herzschlägen führt. Es gibt verschiedene Grade des SA-Blocks: Der erste Grad zeigt nur eine Verzögerung, der zweite Grad führt zu gelegentlichen Ausfällen, und der dritte Grad bedeutet eine vollständige Blockierung. Ursachen können Herzkrankheiten, Elektrolytstörungen oder Medikamente sein. Unter anderem ist der SA-Block eine schwere Folge des Sick-Sinus-Syndroms.
Vorhofflimmern
Vorhofflimmern ist eine häufige Herzrhythmusstörung, bei der die Vorhöfe des Herzens unkoordiniert und schnell schlagen, was zu einem unregelmäßigen und oft schnellen Herzschlag führt. Diese Störung beeinträchtigt die effektive Pumpfunktion des Herzens, da die Vorhöfe nicht richtig kontrahieren und somit weniger Blut in die Herzkammern gelangt. Symptome können Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Müdigkeit, Schwindel und manchmal Brustschmerzen sein. Vorhofflimmern erhöht das Risiko für Schlaganfälle, da durch die unregelmäßigen Kontraktionen Blutgerinnsel in den Vorhöfen entstehen können.
Sonderfall Reentry-Tachykardie
Eine Reentry-Tachykardie ist eine Art von Herzrhythmusstörung, bei der ein abnormer Kreislauf elektrischer Impulse im Herzgewebe auftritt, was zu einer schnellen Herzfrequenz führt. Diese Impulse zirkulieren in einem sogenannten Reentry-Kreis, wobei das elektrische Signal immer wieder denselben Weg nimmt und so die normale Erregungsleitung im Herzen überlagert. Diese Störung kann sowohl in den Vorhöfen als auch in den Herzkammern auftreten.
Häufige Fragen
- Was ist der Sinusknoten im Herz?
- Wie wird der Sinusknoten erregt?
- Was ist ein kranker Sinusknoten?
- Was passiert wenn der Sinusknoten des Herzens ausfällt?
Der Sinusknoten, auch bekannt als Sinoatrialknoten (SA-Knoten), ist eine winzige, spezialisierte Gewebestruktur im rechten Vorhof des Herzens. Er fungiert als natürlicher Schrittmacher, der elektrische Impulse erzeugt und den Herzrhythmus reguliert. Diese Impulse initiieren die Kontraktion der Vorhöfe und beeinflussen somit die Herzfrequenz und -koordination.
Der Sinusknoten wird spontan durch eine intrinsische elektrische Aktivität erregt, die von den spezialisierten Zellen des Knotens selbst erzeugt wird. Diese Zellen zeigen eine automatische Depolarisation, was bedeutet, dass sie sich regelmäßig spontan entladen und elektrische Impulse generieren, ohne äußere Stimulation durch Nerven oder Hormone. Diese intrinsische Aktivität führt zur Entstehung von Aktionspotenzialen, die sich im Sinusknoten ausbreiten und die Kontraktion der Vorhöfe initiieren.
Ein kranker Sinusknoten bezieht sich auf eine Vielzahl von Zuständen oder Erkrankungen, die die normale Funktion des Sinusknotens beeinträchtigen. Dies kann eine Verlangsamung der Herzfrequenz (Bradykardie), eine unregelmäßige Herzfrequenz (Arrhythmie) oder eine komplette Blockade der Impulsleitung vom Sinusknoten zu den Vorhöfen (Sinus-Knoten-Dysfunktion) umfassen. Ursachen für einen kranken Sinusknoten können altersbedingte Veränderungen, Herzerkrankungen, medikamenteninduzierte Effekte oder andere medizinische Bedingungen sein. Die Symptome können von Müdigkeit und Schwindel bis hin zu Ohnmachtsanfällen und schwerwiegenderen Herzproblemen reichen. Die Behandlung kann Medikamente, Schrittmacherimplantation oder andere interventionelle Verfahren umfassen, abhängig von der Art und Schwere der Sinusknotenerkrankung.
Ein Ausfall des Sinusknotens im Herzen kann zu einer verlangsamten Herzfrequenz, unregelmäßigen Herzschlägen und sogar zu Ohnmachtsanfällen führen. In schweren Fällen kann ein komplettes Versagen des Sinusknotens zu einem Herzstillstand führen, der eine sofortige medizinische Intervention erfordert. Die Behandlung umfasst oft die Implantation eines Herzschrittmachers, um die normale Herzfrequenz zu unterstützen und lebensbedrohliche Komplikationen zu verhindern.
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