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Die menschliche Hand ist ein bemerkenswert komplexes und vielseitiges Werkzeug, das eine Vielzahl von Bewegungen und Funktionen ermöglicht. Eine oft übersehene, aber dennoch entscheidende Struktur in diesem komplexen Gefüge ist die anatomische Tabatiere. Diese natürliche Vertiefung auf der Handrückseite zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger spielt eine zentrale Rolle bei der Bewegung und Funktionalität der Hand. Der folgende Artikel wirft einen detaillierten Blick auf die Anatomie der Tabatière, ihre klinische Bedeutung und die Rolle, die sie bei der Diagnose und Behandlung von Verletzungen und Erkrankungen der Hand spielt.
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Tabatiere – Definition
Die anatomische Tabatiere, auch Speichengrübchen genannt (Latein: Fovea radialis), bezieht sich auf eine spezifische Region auf der Handrückseite zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger. Diese Region wird durch Sehnen und Knochenstrukturen begrenzt und bildet eine natürliche Einbuchtung oder Vertiefung, vor allem bei Dorsalextension und Radialabduktion der Hand, am deutlichsten beim Abspreizen des Daumens. Die Tabatiere hat klinische Bedeutung, da sie als Landmarke für die Lokalisierung bestimmter anatomischer Strukturen dient.
Nice to know: Namensherkunft
Eine Tabatière ist eigentlich eine kleine Dose oder Schachtel, die speziell für die Aufbewahrung von Tabak oder Schnupftabak entwickelt wurde. Ihren Namen verdankt die Tabatière in der Anatomie vor allem dem Schnupftabakkonsum, wobei man den Tabak gut in dieser Region dosieren kann.
Tabatiere – Lokalisation und Topographie
Die Fovea radialis wird von den Muskelsehnen des Daumens begrenzt: Des Musculus extensor pollicis longus, M. extensor pollicis brevis und M. abductor pollicis longus. Die letzten beiden liegen dabei lateral beziehungsweise posterior der Grube. Außerdem wird sie proximal durch das Retinaculum extensorum begrenzt, das jedoch nicht das Oberflächenrelief der Haut am Handrücken beeinflusst.
Innerhalb der Tabatiere liegen wichtige Versorgungsstrukturen der Hand. Hierzu gehört unter anderem die Arteria radialis mit ihrem R. carpalis dorsalis. Auch der Ramus superficialis des N. radialis, der für die sensible Innervation der radialen Handrückseite verantwortlich ist, zieht hindurch. An ihrem Boden liegt das Os scaphoideum (Kahnbein).
Fovea radialis – Funktion und Bedeutung
Die natürliche Einbuchtung dient als Landmarke für die Lokalisierung bestimmter Sehnen und Knochenstrukturen. Insbesondere markiert sie den Verlauf der Sehnen des Musculus extensor pollicis longus und des Musculus abductor pollicis longus im Handgelenksbereich. Durch ihre Position ermöglicht die Tabatiere eine effiziente Bewegung des Daumens und unterstützt so eine Vielzahl von Greif- und Haltefunktionen, die für alltägliche Handlungen essentiell sind. Darüber hinaus hat die Tabatiere auch klinische Bedeutung, da sie Ärzten und Chirurgen als Orientierungshilfe bei der Diagnose und Behandlung von Handverletzungen oder -erkrankungen dient.
Tabatiere – Klinik und Schmerzen
Schmerzen im Bereich der Tabatiere können verschiedene Ursachen haben und sind oft mit Verletzungen oder Erkrankungen der Hand verbunden. Häufige Ursachen für Schmerzen in diesem Bereich sind Überlastung, wiederholte Bewegungen oder traumatische Verletzungen. Hierzu können Verstauchungen, Zerrungen oder Frakturen gehören. Darüber hinaus können entzündliche Erkrankungen wie Sehnenscheidenentzündungen oder Arthritis Schmerzen in der Tabatière verursachen.
Kahnbeinbruch
Das Kahnbein ist der Handwurzelknochen, der am häufigsten bricht, vor allem bei einem Sturz auf die gestreckte Hand. Bei der klinischen Untersuchung kann man mit einem Finger leichten Druck auf die Fovea radialis ausüben – bei eines Fraktur des Scaphoid löst das starke Schmerzen aus.
Puls der A. radialis
Die Tabatiere ist der distalste Ort, an dem der Puls der A. radialis zu tasten ist, da diese hier oberflächlich, direkt unter der Haut verläuft, bevor sie zwischen den Ossa metacarpalia I und II in die Muskulatur verschwindet. Das ist sinnvoll, um die Blutversorgung zu überprüfen, wenn beispielsweise eine Fraktur am Handgelenk oder distalen Unterarm vorliegt.
- Aumüller G, Aust G, Conrad A, Engele J, Kirsch J, Maio G, Mayerhofer A, Mense S, Reißig D et al., Hrsg. Duale Reihe Anatomie. 5., korrigierte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2020
- Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K. 5.12 Rückseite des Unterarms (Regio antebrachialis posterior) und Handrücken (Dorsum manus). In: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K, Hrsg. Prometheus LernAtlas – Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. 6., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2022