Inhaltsverzeichnis
Bei einer blutenden Wunde bilden die Thrombozyten, die Gerinnungsplättchen, den anfänglichen Wundverschluss. Der folgende Artikel erläutert ihre Wirkungsweise und die wichtigsten Krankheitsbilder, die mit einer Funktionsstörung der Thrombozyten einhergehen.
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Thrombozyten – Definition
Die Thrombozyten sind die kleinsten der Blutzellen. Ihre Bildung erfolgt im Knochenmark und wird durch das Hormon Thrombopoietin (TPO) aus der Leber reguliert. Sie dienen der primären Blutstillung, die sie zusammen mit den Zellen der Blutgefäßwände steuern.
Thrombozyten – Aufbau und Struktur
Thrombozyten sind kleine, scheibenförmige Zellen ohne Zellkern. Sie werden auch als Blut- oder Gerinnungsplättchen bezeichnet. Durch den geringen Anteil an Binnenstrukturen in ihrem Zellplasma sind sie in der Lage, bei einer Gefäßwandschädigung ihre Form zu verändern. Sie bilden in diesem Falle mehrere Zellfortsätze (Pseudpodien) aus, über die sie sich mit weiteren Thrombozyten verzahnen und somit ein erstes Netz zur Abdeckung der Wunde bilden können.
Thrombozyten – Funktion und Aufgaben
Thrombozyten werden durch Gefäßverletzungen aktiviert. Sie haben die Aufgabe, Wunden primär abzudecken und so die Blutung zu stoppen. Gleichzeitig setzen sie die komplexe Gerinnungskaskade in Gang. An deren Ende bildet sich ein Netz aus Bindegewebe und roten Blutkörperchen (Erythrozyten) über der Wunde und verschließt diese dauerhaft, wobei sich die Haut wieder regenerieren oder eine Narbe bilden kann.
Thrombozyten überleben nur etwa fünf bis sieben Tagen lang im Blut, daher werden sie stetig nachgebildet. Bei Bedarf kann die Produktion rasch gesteigert werden.
Thrombozytenstörungen
Die Normwertgrenzen für die Anzahl der Thrombozyten im Blut betragen 150.000 bis 450.000 pro Mikroliter (µl) Blut. Sie werden, sofern sie nicht in Gerinnungsprozesse involviert sind, von der Milz abgebaut. Daher sollten Milzerkrankungen und eine operative Entfernung der Milz als Ursachen in Betracht gezogen werden, wenn sich Thrombozytenwerte außerhalb des Referenzbereichs zeigen. Neben einer verminderten oder erhöhten Zellanzahl im Blut kann auch eine Funktionsstörung bei normaler Anzahl der Thrombozyten vorliegen.
Thrombozytopenie
Eine verminderte Anzahl von Gerinnungsplättchen wird Thrombozytopenie genannt. Sie kann auf dem Boden einer Bildungsstörung der Zellen aufgrund einer Knochenmarkserkrankung entstehen oder auch Folge eines Mangels an Vitamin B12 und Folsäure sein. Meist sind auch die anderen Zellreihen, die weißen (Leukozyten) und roten Blutkörperchen, in diesem Fall zahlenmäßig verändert. Auch ein erhöhter Verbrauch der Zellen durch eine oder mehrere Wunden oder eine Störung der Milzfunktion können zum Mangel an Thrombozyten führen. Klinische Anzeichen für eine verringerte Thrombozytenzahl sind vor allem punktförmige Blutungen nach Verletzungen und Spontanblutungen beispielsweise aus der Nase.
Thrombozytopathie
Bei einer Thrombozytopathie ist die Zellzahl unter Umständen normal, die Interaktion der Thrombozyten mit den übrigen Zellen ist jedoch gestört. Es gibt genetische Ursachen, deren bekannteste der van-Willebrand-Faktor-Mangel ist. Bei dieser Erkrankung fehlt ein wichtiges Protein, das zur Vernetzung der Thrombozyten miteinander benötigt wird. Außerdem können Medikamentenwirkstoffe wie Acetylsalicylsäure die Bindung der Thrombozyten aneinander stören. Dieser Effekt wird beispielsweise zur Verhinderung der Gerinnung in Stents an den Herzkranzgefäßen oder zur Senkung des Risikos für die Entwicklung von Schlaganfällen genutzt.
Acetylsalicylsäure zur Schlaganfall-Prävention
Bei Patienten/-innen mit der Herzrhythmusstörung Vorhofflimmern kommt häufig die Frage auf, ob ein Acetylsalicylsäure-Präparat sie ausreichend vor der Entstehung eines Schlaganfalls schützen kann. Im Gegensatz zu einer reinen Verkalkung der Blutgefäße, bei welcher die Therapie sinnvoll ist, geht die Rhythmusstörung jedoch mit einem deutlich höheren Risiko für Gefäßverschlüsse einher. Daher müssen hierbei andere Medikamente eingesetzt werden, die das Blut stärker verdünnen und besseren Schutz bieten.
Thrombozytose
Eine Erhöhung der Thrombozytenzahl im Blut, die Thrombozytose oder Thrombozythämie, kann sowohl genetisch bedingt als auch Folge einer Knochenmarkserkrankung sein. Um die Zellen abzubauen, vergrößert sich die Milz, die jedoch auch nur vorübergehend zur Stabilisierung des Blutbildes beitragen kann. Mit zunehmender Vermehrung der Gerinnungsplättchen steigt das Risiko für die Entwicklung von Thrombosen, die Blutgefäße verstopfen teils spontan. Die Folge sind schwere Organschädigungen, unter Umständen versterben die Betroffenen durch einen akuten Gefäßverschluss. Gleichzeitig können Blutungen auftreten, da die Gerinnungsplättchen und ihre unterstützenden Faktoren nicht mehr richtig interagieren können.
Häufige Fragen
- Welcher Thrombozyten-Wert ist bedenklich?
- Was ist, wenn Leukozyten und Thrombozyten erhöht sind?
- Was ist die Ursache für zu wenig Thrombozyten?
- Welche Symptome bei zu wenig Thrombozyten?
Befinden sich im Blut weniger als 50.000 Thrombozyten pro Mikroliter, so besteht ein erhöhtes Blutungsrisiko bei operativen Eingriffen. Werte unterhalb von 30.000 bzw. 10.000 stellen weitere kritische Grenzen dar, bei denen im Falle einer anstehenden Operation oder je nach Klinik auch spontan eine Thrombozyten-Transfusion erwogen werden muss.
Steigen die Thrombozytenzahlen deutlich über den oberen Referenzbereich an, so erhöht sich auch das Risiko für die spontane Entstehung von Gefäßverschlüssen kontinuierlich. Je nach ursächlicher Erkrankung werden Therapiemaßnahmen und die Zielwerte festgelegt.
Eine gleichzeitige Erhöhung der Thrombozyten und Leukozyten tritt vor allem bei Entzündungen, Verletzungen und Stress auf, da ihre Produktion über die entzündungsaktivierenden Enzyme im Körper angeregt wird. Unter Umständen können aber auch Knochenmarkserkrankungen ursächlich für die erhöhten Werte sein. Daher erfolgt deren Auswertung immer in Zusammenschau aller Befunde.
Zu wenige Thrombozyten liegen bei einem übermäßigen Zellverbrauch oder einer reduzierten Neubildung der Zellen vor. Vitamin B 12 und Folsäure werden für die Blutbildung benötigt, ein Mangel an diesen Bestandteilen kann die Blutbildungsstörung auslösen.
Bei einer verringerten Thrombozytenzahl ist die Neigung zu stärkeren und längeren Blutungen bei Verletzungen erhöht. Je nach Wert können auch spontane Blutungen auftreten. Meist zeigen sich diese in Form von stecknadelkopfgroßen Pünktchen vor allem an tiefer liegenden Körperpartien, während sich Blutungen aufgrund eines Mangels anderer Gerinnungsstoffe eher flächig darstellen.
- Herold, G. (2019). Hämatologie. In G. Herold, Innere Medizin (S. 146 ff.). Köln: Herold, Gerd.