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Thyroxin gehört zu den Hormonen mit dem höchsten Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung. Schließlich kommt seine synthetisch hergestellte Form, Levothyroxin, bei verschiedenen Schilddrüsenerkrankungen zu Einsatz und findet sich daher in vielen Medikamentenplänen wieder.
Dieser Artikel erklärt die Wirkung von Thyroxin im Körper und erläutert, wann und in welchem Ausmaß eine Hormonersatztherapie mit Schilddrüsenhormonen angezeigt ist.
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Thyroxin – Definition
Bei Thyroxin, das auch kurz als „T4“ bezeichnet wird, handelt es sich um eines der beiden freien Schilddrüsenhormone. Gemeinsam mit Trijodthyronin, T3, steuert es viele Prozesse im Körper. Dabei ist Thyroxin die Speicherform und zirkuliert fast zwei Wochen lang im Blutkreislauf. Die Zielzellen können daraus nach Bedarf Trijodthyronin freisetzen, das dann akut und gezielt den Stoffwechsel vor Ort beeinflusst. Das synthetisch hergestellte Äquivalent zum Thyroxin ist Levothyroxin, kurz L-Thyroxin.
Die Synthese der Schilddrüsenhormone unterliegt einem strikten Regelkreis. Registriert der Hypothalamus im Gehirn einen erhöhten Hormonbedarf des Körpers, so gibt er den Botenstoff TRH an die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) weiter. Diese wiederum schüttet TSH aus, das Thyreoidea-Stimulierende Hormon, das schließlich die Bildung und Freisetzung von Thyroxin und Trijodthyronin durch die Schilddrüse initiiert. Ist der Bedarf gedeckt, so wird die TRH-Bildung gebremst und durch diese Rückkopplung die Hormonbildung unterdrückt. Fällt die Schilddrüse selbst aus und bildet keine Hormone mehr, obwohl ein Bedarf im Körper vorliegt, so bleiben die Schilddrüsenhormonwerte im Blut reduziert. Das TSH steigt dabei trotzdem immer weiter an beim vergeblichen Versuch, die Hormonbildung anzuregen.
Die Bildung von Thyroxin ist abhängig von einer ausreichenden Jodversorgung. Durch eine Hormonspeicherung im Schilddrüsengewebe kann ein Jodmangel etwa zwei Monate lang kompensiert werden, bevor die Hormonspiegel schließlich abnehmen.
Mit einem Anteil von knapp über 99 Prozent ist nahezu das gesamte Thyroxin im Plasma an Transportproteine wie das Thyroxin-bindende Globulin (TBG) und Albumin gebunden. Nur weniger als ein Prozent zirkuliert als freies Hormon „fT4“ im Blut. Da der fT4-Anteil im Blut jedoch deutlich stabiler ist als der Spiegel des gebundenen Hormons, werden bei der Abklärung des Hormonstatus für gewöhnlich TSH, fT4 und fT3 bestimmt.
Thyroxin – Wirkung und Funktion
Thyroxin hat eine stimulierende Wirkung auf viele Stoffwechselprozesse und steigert den Grundumsatz des Körpers. Es ist darüber hinaus essenziell für eine gute Entwicklung des Gehirns und die Funktion des Nervensystems. Auch weitere Organsysteme werden von Thyroxin maßgeblich beeinflusst.
Herz-Kreislauf-System
Auf das Herz-Kreislauf-System wirkt Thyroxin anregend. Es verstärkt die Kontraktionskraft des Herzens und steigert so den Blutdruck. Zudem beschleunigt sich die Herzfrequenz unter Einwirkung der Schilddrüsenhormone. Diese Effekte werden durch die Tatsache verstärkt, dass Thyroxin das Ansprechen der Zellen auf Katecholamine erhöht und so deren Wirkung verstärkt. Zu hohe Thyroxinspiegel begünstigen das Auftreten von Herzrhythmusstörungen, beispielsweise von Vorhofflimmern. Das kann Herzinfarkte und Herzschwäche fördern, da die gesteigerte Herzarbeit auf Dauer eine Überlastung des Herzmuskels zur Folge haben kann.
Zentrales Nervensystem
Thyroxin unterstützt die Ausreifung des Gehirns. Erniedrigte Schilddrüsenhormonspiegel können bereits bei Kindern im Mutterleib zu schweren Entwicklungsverzögerungen führen, die sich bei zu spät einsetzender Hormontherapie bis ins Erwachsenenalter unter Umständen nicht mehr kompensieren lassen. Daher erfolgt im Rahmen des Neugeborenenscreenings regelhaft eine indirekte Überprüfung des Schilddrüsenhormonstatus durch eine Kontrolle des TSH-Wertes.
Auch die Impulsübertragung im Nervensystem ist abhängig von einer guten Hormonversorgung. Mangelt es an Thyroxin, so können die Reflexe verlangsamt oder abgeschwächt auftreten, während eine übermäßige Schilddrüsenhormonversorgung mit gesteigerten Reflexen und Muskelkrämpfen durch Überstimulation einhergehen kann.
Glatte Muskulatur
Glatte Muskelzellen im Körper können auf unterschiedliche Weise auf Thyroxin reagieren.
Die Blutgefäßwände erweitern sich unter Hormoneinfluss, was eine Verbesserung des Blutdrucks auch in der Körperperipherie auslöst. Bei einer Überfunktion der Schilddrüse zeigt sich dies unter anderem durch andauernd warme Extremitäten. Auch die Belüftung der Lunge ist in der Regel durch eine reduzierte Muskelspannung verbessert und die Atmung vertieft, sodass mehr Sauerstoff für die Stoffwechselprozesse im Körper zur Verfügung steht. Im Magen-Darm-Trakt bewirkt Thyroxin eine Steigerung der Muskelaktivität. Die Folge ist eine übermäßige Peristaltik, die sich im Faller erhöhter Hormonwerte in Form von Durchfällen zeigen kann.
Mobilisierung von Energiereserven
Viele Effekte des Thyroxins wie die Steigerung der Wärmeproduktion im Körper und die Aktivierung des Zellstoffwechsels gehen mit einem erhöhten Energiebedarf einher. Um diesem zu begegnen, fördert Thyroxin die Mobilisierung der Energiereserven des Körpers. Ein dauerhafter Überschuss der Schilddrüsenhormone bei krankhaft gesteigerter Hormonproduktion äußert sich entsprechend durch ein zunehmendes „Ausbrennen“ des Körpers, Heißhunger und oftmals eine ungewollte Gewichtsabnahme.
Sonstige Effekte
Thyroxin regt den Knochenumsatz an und begünstigt dabei vor allem den Abbau der Knochenmasse. Insbesondere bei älteren Patienten, die über lange Zeit Schilddrüsenhormone einnehmen, kann dies bei einer zu hoch dosierten Therapie die Entstehung von brüchigen Knochengewebe fördern und so eine Osteoporose und vermehrte Knochenbrüche zur Folge haben.
Schilddrüsenfehlfunktion und L-Thyroxin-Therapie
Eine Therapie mit synthetisch hergestelltem Thyroxin ist angezeigt, wenn die Schilddrüse aufgrund von Erkrankungen oder Operationen keine ausreichende Hormonproduktion gewährleisten kann und eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) vorliegt. Diese zeigt sich durch erniedrigte fT4-Werte im Blut, ein erhöhtes TSH und klinische Symptome des Hormonmangels. Die Hormonersatztherapie kann lebenslang erfolgen, sie sollte jedoch regelmäßig geprüft werden. Denn mit zunehmendem Lebensalter sinkt der Hormonbedarf des Körpers ab. Wird die Therapie nicht hieran angepasst, so kann auf Dauer eine Überversorgung resultieren, die das Herz-Kreislauf-System und den Knochenstoffwechsel belasten kann.
Thyroxin – Abbau
Während Thyroxin mit einer Halbwertszeit von etwa einer Woche über lange Zeit seine Effekte entfaltet, halbiert sich der Hormonspiegel des T3 bereits innerhalb eines Tages. Sowohl die Muskulatur als auch die Leber bauen hiernach die Hormone ab.
Im Falle einer Hormonersatztherapie, die in der Regel mit synthetischem Thyroxin erfolgt, sind bei Umstellung der Wirkstoffstärke Kontrollen der Blutwerte frühestens nach sechs bis acht Wochen sinnvoll.
Häufige Fragen
- Was ist die Wirkung von Thyroxin?
- Was erhöht den Thyroxin-Spiegel?
- Was passiert, wenn der Körper zu viel Thyroxin hat?
- Wann wird Thyroxin ausgeschüttet?
Thyroxin hat eine Stoffwechsel-anregende Wirkung. Es beschleunigt den Umsatz in den Körperzellen, aktiviert das Herz-Kreislauf-System und beschleunigt die Verdauung. Auch viele Prozesse im Gehirn und auf neuromuskulärer Ebene sind auf den stetigen Einfluss des Thyroxins angewiesen.
Der Thyroxin-Spiegel steigt an, wenn ein Mangel an peripheren Schilddrüsenhormonen (Thyroxin und Trijodthyronin) im Körper auftritt oder ein entsprechender Mehrbedarf vorliegt. Einflüsse auf die Hormonproduktion können neben den direkten Hormonspiegeln auch die allgemeine Stoffwechselsituation, die aktuelle Konstellation der Geschlechtshormone und andere Trigger im Körper sein.
Ein Überschuss an Thyroxin, der zumeist auf einer Entkopplung der Hormonproduktion durch die Schilddrüse oder auf einer externen Hormonzufuhr beruht, äußert sich durch eine zu hohe Stoffwechselleistung. Neben Gewichtsverlust können sich hierbei ein hoher Puls und Blutdruck, Herzrhythmusstörungen, eine zu schnelle Atmung und Durchfall zeigen. Auch eine erhöhte Körpertemperatur und Schwitzen können auf die Hormone zurückzuführen sein.
Thyroxin wird ausgeschüttet, wenn das entsprechende Signal in Form von TSH aus der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) an die Schilddrüse herangetragen wird. Allerdings tritt die Wirkung der Schilddrüsenhormone nicht akut ein, sondern die Effekte entwickeln sich schleichend und dafür anhaltend.
- Hubl W., Thyroxin. In: Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik (Springer, 3. Auflage, 2019)
- Kramer, M. R. et al., L-Thyroxin bei Hypothyreose – absetzen oder nicht? Eine Befragung unter hausärztlich Tätigen. In: Zeitschrift für Allgemeinmedizin (Springer, Ausgabe 07/2024)