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Mit Mandeln (auch Tonsillen genannt) verbinden die meisten Menschen vermutlich starke Halsschmerzen, die bei einer Mandelentzündung vorkommen. In diesem Artikel geht es darum, an welchen Stellen des Körpers sich Mandeln befinden, welche Funktion sie erfüllen und welche Erkrankungen sie am häufigsten betrifft.
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Tonsillen – Definition
Tonsillen sind lymphatische Organe, die sich im Bereich der Mundhöhle und des Rachens befinden. Mit dem Begriff Mandeln sind im engeren Sinne meist die Gaumenmandeln (Tonsillae palatinae) gemeint.
Tonsillen – Anatomie und Funktion
Der Mensch hat folgende Tonsillen, die gemeinsam den sogenannten Waldeyer’schen Rachenring bilden:
- Tonsilla pharyngea (Rachenmandel): Sie ist unpaar, also kommt nur ein Mal vor, und befindet sich am Rachendach (Epipharynx). Bei Kindern kann die Rachenmandel Ausgangspunkt sogenannter adenoider Vegetationen (umgangssprachlich auch Polypen genannt) sein. Bei einer sehr starken Vergrößerung der Rachenmandel kann es zu einer Behinderung des Luftstroms im Nasenrachenraum kommen. Dies bedingt, dass die betroffenen Kinder vermehrt durch den Mund atmen.
- Tonsilla palatina (Gaumenmandel): Die Gaumenmandeln sind zwischen dem vorderen und hinteren Gaumenbogen lokalisiert. Sie sind paarig angelegt und bilden den wichtigsten Teil des Waldeyer’schen Rachenrings. Sie haben eine ellipsoide Form, die beim Erwachsenen ungefähr zwei bis drei Zentimeter lang und ein bis zwei Zentimeter breit ist.
- Tonsilla lingualis (Zungenmandel): Sie liegt am Zungengrund im Bereich des Sulcus terminalis.
- Tonsilla tubaria (Tubenmandel): Sie ist paarig und am Ostium pharyngeum der Ohrtrompete (Tuba auditiva) lokalisiert.
Mikroskopische Anatomie
Die Tonsillen gehören zum Mukosa-assoziierten lymphatischen Gewebe, welches man auch mit MALT abkürzt. Auf ihnen findet man viele Vertiefungen, die Krypten, die der Vergrößerung der Oberfläche dienen. Dadurch ist die Oberfläche der Gaumenmandel beispielsweise sechs Mal so groß wie die Oberfläche der Schleimhaut des gesamten Oropharynx. Die Oberfläche ist mit einem mehrschichtigen Plattenepithel bedeckt. Im Bindegewebe darunter liegen zahlreiche Lymphfollikel.
Funktion der Tonsillen
Die Tonsillen sind ein Teil des Immunsystems und ermöglichen die Abwehr von Erregern. Durch ihre Lage am oberen Eingang des Verdauungs- und Respirationstrakts können sie verhindern, dass sich sie Erreger entlang der Schleimhäute ausbreiten.
Tonsillen – Erkrankungen
Die häufigste Erkrankungen im Zusammenhang mit den Tonsillen ist die Entzündung der Gaumenmandeln (Tonsillitis). Als Komplikation einer Tonsillitis kann es zu einem Peritonsillarabszess kommen. Außerdem kann eine Tonsillitis im Rahmen eines Pfeiffer’schen Drüsenfiebers vorkommen.
Tonsillitis
Eine Tonsillitis kann sowohl akut als auch chronisch verlaufen. Während die akute Form meistens durch Viren verursacht wird, ist die chronisch rezidivierende Form hingegen vor allem durch Bakterien bedingt. Hierbei spielen vor allem Beta-hämolysierende Streptokokken wie Streptococcus pyogenes eine Rolle. Als Symptome treten in der Regel starke Halsschmerzen, geschwollene und gerötete Gaumenmandeln, Schluckbeschwerden, Eiterablagerungen, Mundgeruch und eine Schwellung der am Hals liegenden Lymphknoten vor. Bei einer schweren Verlaufsform können zusätzlich noch allgemeinere Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit hinzukommen.
Die Diagnose einer Tonsillitis kann normalerweise direkt anhand der Zusammenschau von Symptomatik und Inspektion des Rachens gestellt werden. Zu den allgemeine Behandlungsmaßnahmen einer Tonsillitis zählen die Gabe von Schmerzmitteln, Rachenspülungen und Gurgeln mit antiseptischen Mitteln sowie eine körperliche Schonung. Bei Verdacht auf eine bakterielle Ursache oder eine bakterielle Superinfektion ist zudem die Gabe von Antibiotikum indiziert. Hier werden bevorzugt Penicilline eingesetzt, wobei bei einer Allergie auf diese auch Cephalosporine oder Makrolide eingesetzt werden können.
Tonsillektomie
Unter einer Tonsillektomie versteht man die vollständige chirurgische Entfernung der Gaumenmandeln durch das Ausschälen aus ihrer Kapsel. Während früher die Mandeln bereits sehr schnell entfernt wurden, ist die Indikation zur Tonsillektomie heutzutage deutlich strenger zu stellen. So sollten beispielsweise mindestens sieben Episoden einer fieberhaften und eitrig-belegten Tonsillitis in einem Jahr vorliegen, damit eine Tonsillektomie in Betracht gezogen werden kann. Gleiches gilt für mindestens fünf Episoden pro Jahr über zwei Jahre oder mindestens drei Episoden pro Jahr über drei Jahre.
Peritonsillarabszess
Hierunter versteht man eine Abszessbildung zwischen der Gaumenmandel und der Rachenmuskulatur. Er kann als Komplikation einer Tonsillitis auftreten und tritt einige Tage nach der Erkrankung auf. Er führt zu einseitigen Beschwerden beim Schlucken, einer kloßigen Sprache, Ohrenschmerzen, einer übermäßigen Speichelproduktion und einem reduzierten Allgemeinzustand. Außerdem kann es zu einer Kieferklemme mit einer deutlichen Einschränkung der Mundöffnung kommen.
Ein Peritonsillarabzess kann ebenfalls direkt durch eine Inspektion des Rachens diagnostiziert werden. Als Therapie wird der Abszess chirurgisch eingeschnitten (mittels einer Inzision) und mit einer Kornzange gespreizt. Dabei muss nach der Inzision mehrere Tage immer wieder nachgespreizt sowie eine intravenöse Antibiotika-Therapie (zum Beispiel mit Ampicillin und Sulbactam) durchgeführt werden. Falls sich der Abszess nach diesen Maßnahmen nicht genug entleert, sollte dieser entfernt werden. Wenn die Maßnahmen hingegen erfolgreich waren, sollte nach vollständiger Abheilung eine Tonsillektomie erfolgen. Dies ist nötig, da es sonst höchstwahrscheinlich zu Rezidiven kommen wird
Mukosa-assoziiertes lymphatisches Gewebe, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 16.06.2024)