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Der Tränenapparat (Apparatus lacrimalis) spielt eine wichtige Rolle in der Befeuchtung und dem Schutz des Auges. Neben seiner Funktion in der Abwehr von Krankheitserregern ist er essenziell für die Aufrechterhaltung der optischen Eigenschaften der Hornhaut. Eine Störung im Tränenfluss kann nicht nur Beschwerden verursachen, sondern auch die Sehqualität beeinträchtigen. Dieser Artikel erläutert die Bestandteile, den Aufbau und die Funktion des Tränenapparats. Außerdem thematisiert er die Produktion und den Abfluss der Tränenflüssigkeit.
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Tränenapparat – Definition
Der Tränenapparat umfasst alle Strukturen, die an der Bildung, Verteilung und Ableitung der Tränenflüssigkeit beteiligt sind. Er lässt sich in einen sekretorischen Teil, der die Tränenflüssigkeit produziert, und einen abführenden Teil, der ihren Abfluss in die Nasenhöhle ermöglicht, unterteilen.
Tränenapparat – Einteilung
Der Tränenapparat kann in zwei Teile untergliedert werden, den sekretorischen und den tränenableitenden Teil. Diese bestehen aus folgenden Komponenten:
Sekretorischer Teil:
- Haupttränendrüsen (Glandula lacrimalis)
- Akzessorische Tränendrüsen (Krause’sche und Wolfring’sche Drüsen)
Tränenableitender Teil:
- Tränenpünktchen (Puncta lacrimalia)
- Tränenkanälchen (Canaliculi lacrimales)
- Tränensack (Saccus lacrimalis)
- Tränennasengang (Ductus nasolacrimalis)
Haupttränendrüsen
Die Haupttränendrüsen (Glandulae lacrimales) liegen im temporalen Bereich der Orbita und sind in die Fossa glandulae lacrimalis des Stirnbeins (Os frontale) eingebettet. Sie werden durch die Sehne des Musculus levator palpebrae superioris in eine obere Pars orbitalis und eine untere Pars palpebralis unterteilt. Die Hauptaufgabe dieser Drüsen besteht in der Produktion von Tränenflüssigkeit, die über mehrere Ausführungsgänge in den oberen Bindehautsack gelangt.
Akzessorische Tränendrüsen
Neben den Haupttränendrüsen tragen die Krause’schen und Wolfring’schen Drüsen zur kontinuierlichen Produktion von Tränen bei. Sie befinden sich im oberen Augenlid und sind entscheidend für die Basalsekretion, die das Auge dauerhaft feucht hält.
Tränenpünktchen
Die Tränenpünktchen (Puncta lacrimalia) sind kleine punktförmige Öffnungen am medialen Lidwinkel. Dabei befindet sich jeweils eine Öffnung am oberen und eine am unteren Augenlid. Sie dienen als Eintrittsöffnungen für die Tränenflüssigkeit in die Tränenkanälchen.
Tränenkanälchen
Diese kleinen Kanäle (Canaliculi lacrimales) leiten die Tränenflüssigkeit von den Puncta lacrimalia zum Tränensack. Die Kanälchen verlaufen zunächst vertikal und biegen dann medial ab. Anschließend werden sie entweder getrennt oder münden vereint in den Tränensack.
Tränensack
Der Tränensack (Saccus lacrimalis) liegt in der Fossa sacci lacrimalis, wobei es sich um eine knöcherne Vertiefung, die vom Stirnfortsatz der Maxilla und dem Os lacrimale gebildet wird, handelt. Seine Hauptfunktion besteht in der Zwischenspeicherung der Tränenflüssigkeit.
Tränennasengang
Der Tränennasengang (Ductus nasolacrimalis) verbindet den Tränensack mit dem unteren Nasengang (Meatus nasi inferior). An seinem Ende verhindert die Hasner-Klappe einen Rückfluss der Tränenflüssigkeit. Der Gang ermöglicht die Ableitung der Tränen in die Nasenhöhle.
Tränenapparat – Produktion und Abfluss
Die Produktion der Tränenflüssigkeit erfolgt hauptsächlich in den Haupttränendrüsen. Diese sezernieren ein seröses Sekret, das Wasser, Elektrolyte und Enzyme wie Lysozym sowie antimikrobielle Peptide enthält. Die Basalsekretion wird von den akzessorischen Drüsen aufrechterhalten, um das Auge kontinuierlich feucht zu halten. Reflextränen, wie sie beispielsweise durch Reizungen oder Emotionen ausgelöst werden, stammen primär aus den Haupttränendrüsen.
Der Lidschlag sorgt dafür, dass die Tränenflüssigkeit gleichmäßig über die Hornhaut verteilt wird. Im Bindehautsack bildet sich aus der Tränenflüssigkeit der Tränensee (Lacus lacrimalis), von wo aus die Flüssigkeit über die Tränenpünktchen in die Tränenkanälchen gelangt. Der Abfluss erfolgt über den Tränensack in den Tränennasengang und schließlich in die Nasenhöhle. Hier verdunstet die Flüssigkeit oder wird über die Atemwege entfernt.
Tränenapparat – Funktionen
Tränen übernehmen eine Vielzahl von Aufgaben. Zum einen werden Fremdkörper und Schadstoffe durch den Tränenfilm aus dem Auge herausgespült. Zum anderen befinden sich in der Tränenflüssigkeit antibakterielle Enzyme wie Lysozyme, die Erreger bekämpfen. Außerdem schafft der Tränenfilm eine glatte optische Oberfläche, die eine klare Sicht ermöglicht. Für den Stoffwechsel der Hornhaut sind Tränen ebenfalls sehr wichtig, da sie Sauerstoff und Nährstoffe zu dieser transportieren.
Emotionale Funktion von Tränen
Neben den genannten Funktionen übernehmen Tränen auch eine emotionale Funktion, da durch sie Gefühle wie Trauer, Schmerzen oder auch Freude (Freudentränen) ausgedrückt werden können. Dies stellt einen wichtigen Aspekt der menschlichen Kommunikation dar.
Tränenapparat – Störungen des Tränenflusses
Der Tränenfluss kann durch verschiedene mechanische Hindernisse beeinflusst werden. Es kann beispielsweise zu einem Verschluss der Tränenkanälchen oder einem Verschluss des Ductus nasolacrimalis kommen, was zu einer Stauung der Tränenflüssigkeit und dadurch zu einem erhöhten Tränenfluss führt. Auch eine Abflussbehinderung in der Nase, die durch Nasenpolypen oder Entzündungen ausgelöst wird, ist möglich. Bei einer Funktionsstörung der Augenlidmuskulatur kommt es ebenfalls zu Abflussproblemen der Tränenflüssigkeit.
Krankheitsbilder des Tränensystems
Zu den häufigsten Erkrankungen des Tränensystems gehört die sogenannte Dakryozystitis. Hierbei handelt es sich um eine Entzündung des Tränensacks, welcher häufig eine bakterielle Ursache zugrunde lieg. Sie kann akut oder auch chronisch-rezidivierend verlaufen und macht sich durch eine Schwellung, Rötung und einen Druckschmerz im inneren Lidwinkel bemerkbar. Außerdem äußert sie sich durch einen starken Tränenfluss sowie eine Eiterentleerung über den Tränenpünktchen. Das Auftreten auf nur einer Seite ist zudem ein typisches Merkmal dieser Erkrankung. Die Therapie der Dakryozystitis hängt von einigen Faktoren wie dem Verlauf, dem Alter der betroffenen Person und der Ursache ab. Bei kleineren Kindern kann eine spontane Öffnung des Tränensacks abgewartet werden. Auch eine sanfte Tränensackmassage oder abschwellende Augentropfen können hilfreich sein. Bei einer bakteriellen Ursache ist zudem der Einsatz von antibiotischen Augentropfen sinnvoll. Wenn Erwachsene von der Erkrankung betroffen sind, wird in der Regel eine Sondierung und Spülung des Tränensystems vorgenommen. Neben einer Antibiotikatherapie kann in besonders schweren Fällen auch eine endoskopische Öffnung des Tränennasengangs notwendig sein.
Als weiteres Krankheitsbild kommt die Kanalikulitis in Frage. Hierunter versteht man eine Entzündung der Tränenkanälchen, die zu Schmerzen und einem Sekretabfluss führt. Bei der sogenannten Keratokonjunktivitis sicca kommt es durch eine unzureichende Tränenproduktion oder durch eine suboptimale Tränenfilmqualität hingegen zu einem trockenen Auge. Auch die Dakryoadenitis, bei der es sich um eine Entzündung der Tränendrüse handelt, ist ein mögliches Krankheitsbild. Sie wird häufig durch Infektionen oder Autoimmunerkrankungen ausgelöst.
- Lüllmann-Rauch, R, Taschenlehrbuch Histologie (Thieme, 6. Auflage, 2019)
- Aumüller, G et al., Duale Reihe Anatomie (Thieme, 5. Auflage, 2020)
- Tränenapparat, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 15.12.2024)