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Unterarmmuskeln sorgen durch ihre diversen Ansätze und Ursprünge für die Beweglichkeit von Fingern, dem Ellenbogengelenk und im Handgelenk. Dafür kann man sie in Flexoren und Extensoren einteilen. Dieser Artikel bietet einen Überblick der Muskeln am Unterarm und geht grundlegend auf die Anatomie und Funktion dieser ein. Außerdem fokussiert er sich auf einzelne klinische Erkrankungen in diesem Zusammenhang.
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Unterarmmuskeln – Definition
Zu den Unterarmmuskeln zählen die Skelettmuskeln, welche sich am Unterarm befinden. Diese Lage am Unterarm wird auch als antebrachial bezeichnet. Sie lassen sich in die Gruppe der Flexoren (Beugemuskeln) und die Extensoren (Streckmuskeln) unterteilen, wobei sich die Flexoren an der Palmarseite und die Extensoren an der Radial- und Dorsalseite befinden.
Die Muskeln dienen der Bewegung des Unterarms im Ellenbogengelenk, der Finger und der Hand im Handgelenk.
Unterarmmuskeln – Einteilung
Die Muskeln am Unterarm lassen sich nach ihrer Lage in oberflächlich und tief einteilen. Außerdem erfolgt die Einteilung nach der Funktion, also ob sie eine Beugebewegung (Flexion) oder Streckbewegung (Extension) durchführen. Die einzelnen Gruppen werden durch Faszien voneinander getrennt und bilden somit Muskellogen.
Oberflächliche und tiefe Flexoren
Zu den oberflächlichen Flexoren zählen von radial nach ulnar geordnet fünf Muskeln:
- Musculus pronator teres: Dieser Muskel entspringt am Epicondylus medialis humeri und am Processus coronoideus ulnae und findet seinen Ansatz an der lateralen Radiusmitte. Im Ellenbogengelenk sorgt er für eine Flexion, während er im Radioulnargelenk eine Pronation verursacht. Dabei gilt, je stärker die Beugung im Ellenbogengelenk ist, desto größer ist die Pronationskraft des Musculus pronator teres. Des Weiteren ist er der Leitmuskel des Nervus medianus.
- Musculus flexor carpi radialis: Er entspringt ebenfalls am Epicondylus medialis humeri, setzt aber an der Basis des Os metacarpi II an. Gemeinsam mit dem Muculus palmaris longus dient er der Flexion im Ellenbogengelenk, der Pronation im Radioulnargelenk und der Flexion im Handgelenk.
- Musculus palmaris longus: Der Muskel ist variabel ausgeprägt und kann entweder fehlen oder doppelt angelegt sein. Im Regelfall entspringt er auch am Epicondylus medialis humeri und setzt an der Palmaraponeurose an. Er erfüllt die gleichen Funktionen wie der Musculus flexor carpi radialis.
- Musculus flexor carpi ulnaris: Mit seinem Ursprung am Epicondylus medialis humeri, Olecranon und der dorsalen Ulna setzt der Muskel an verschiedenen Stellen der Handwurzelknochen an. Dazu zählen das Os pisiforme, Os hamatum und das Os metacarpi V. Er dient der Flexion im Ellenbogen und der Flexion sowie Ulnarabduktion im Handgelenk. Der Muskel ist Leitmuskel für den Nervus ulnaris.
- Musculus flexor digitorum superficialis: Neben dem Epicondylus medialis humeri entspringt der Muskel am Processus coronoideus ulnae und dem Radius. Er zieht zu seinen Ansätzen an den Seiten der Phalanges mediae II bis V und dient deshalb der Flexion der Handgelenke, sowie Fingergrund- und Mittelgelenke. Die Endgelenke werden ausschließlich durch den Musculus flexor digitorum profundus gebeugt.
Merkhilfe für die oberflächlichen Flexoren
Um sich die oberflächlichen Muskeln zu merken, hilft folgende Merkhilfe: Man legt den linken Daumen auf den Epicondylus medialis humeri, den gemeinsamen Ursprung aller superfizialen Flexoren, und die restliche Hand auf den Unterarm. Von radial nach ulnar ergibt sich eine Zuordnung: Pass-Fail-Pass-Fail. Der Zeigefinger gibt den Pronator teres an, der Mittelfinger den Flexor carpi radialis. Der Ringfinger zeigt auf den Palmaris longus und der kleine Finger auf den Flexor carpi ulnaris.
Zu den tiefen Flexoren zählen von proximal nach distal folgende drei Muskeln:
- Musculus flexor digitorum profundus: An der palmaren Ulna und der Membrana interossea entspringend zieht der Muskel zu seinem Ansatz an den distalen Phalangen II bis V. Damit dienen sie im Handgelenk der Flexion sowie der Flexion in den Grund-, Mittel- und Endgelenken der Finger zwei bis fünf.
- Musculus flexor pollicis longus: Der Muskel entspringt am palmaren Radius und der Membrana interossea und zieht zum distalen Phalanx I. Im Daumengelenk dient er somit der Flexion und Opposition sowie ferne der Radialabduktion im Handgelenk.
- Musculus pronator quadratus: Er hat seinen Ursprung an der distalen palmaren Ulna und zieht zum distalen palmaren Radius. Er sorgt für die Pronation im Radioulnargelenk.
Oberflächliche und tiefe Extensoren
Die oberflächlichen Extensoren entspringen alle am Epicondylus lateralis humeri, dem seitlichen Gelenkkopf des Humerus. Zu der Gruppe zählen drei Muskeln:
- Musculus extensor digitorum: Von seinem Ursprung zieht der Muskel zu den Dorsalaponeurosen der zweiten bis fünften Finger. Gemeinsam mit dem Musculus extensor digiti minimus sorgt der Muskel für eine Dorsalextension der Hand- und Fingergelenke. In diesem Gelenk ist der Muskel der stärkste Strecker.
- Musculus extensor digiti minimi: Der Muskel setzt an der Dorsalaponeurose des fünften Fingers an und erfüllt ebenfalls die Funktion der Dorsalextension.
- Musculus extensor carpi ulnaris: Neben dem Ursprung am Epicondylus lateralis humeri entspringt der Muskel an der Dorsalseite der Ulna und zieht zum Os metacarpi V. Er dient deshalb der Ulnarabduktion und Dorsalextension des Handgelenks.
Zu den tiefen Extensoren zählen fünf Muskeln:
- Musculus supinator: Er entspringt am Epicondylus lateralis humeri und dem Olecranon der Ulna und zieht zu seinem Ansatz am Radius. Im Radioulnargelenk sorgt er für die Supination. Außerdem gilt er als Leitmuskel für den Nervus radialis.
- Musculus abductor pollicis longus: Gemeinsam mit dem Musculus extensor pollicis brevis entspringt er an den Dorsalseiten von Radius, Ulna und der Membrana interossea. Der Muskel zieht anschließend zum Os metacarpi I. Er sorgt mit eben genannten Muskel im Daumensattelgelenk für eine Abduktion und Extension sowie im Handgelenk minimal für die Radialabduktion.
- Musculus extensor pollicis brevis: Ursprung und Funktion sind identisch mit dem Musculus abductor pollicis longus, jedoch findet er seinen Ansatz am Phalanx proximalis I.
- Musculus extensor pollicis longus: Gemeinsam mit dem Musculus extensor indicis entspringt der Muskel an den Dorsalseiten der Ulna und Membrana interossea. Er zieht anschließend zum Phalanx distalis I und dient der Adduktion und Extension im Daumensattelgelenk. Außerdem sorgt er für eine Extension und Radialabduktion im Handgelenk.
- Musculus extensor indicis: Vom Ursprung zieht er zur Dorsalaponeurose des zweiten Fingers und dient an dem Gelenk der Extension.
Radialismuskulatur
Die Radialisgruppe zählt funktionell zu den Extensoren des Unterarms. Alle drei Muskeln dieser Loge entspringen am Humerus.
- Musculus brachioradialis: Er entspringt an der Margo lateralis humeri und dem Septum intermusculare laterale und setzt am Processus styloideus radii an. Im Ellenbogen ist er für die Flexion und am Radioulnargelenk für die Mittelstellung zwischen Pronation und Supination zuständig. Außerdem ist er die Leitstruktur für die radiale Gefäß-Nerven-Straße, zu der die Arteria radialis und der Ramus superficialis des Nervus radialis zählen. Die Arterie kann man an dieser Stelle gut tasten.
- Musculus extensor carpi radialis longus: Er entspringt am Epicondylus lateralis humeri und am Ligamentum anulare radii und zieht zum Os metacarpi II. Gemeinsam mit dem Musculus extensor carpi radialis brevis dient er der Dorsalextension und Radialabduktion des Handgelenks.
- Musculus extensor carpi radialis brevis: Auch er entspringt am Epicondylus lateralis humeri und verläuft zum Os metacarpi III. Er erfüllt die gleiche Funktion wie der eben genannte Muskel.
Unterarmmuskeln – Innervation
Für die motorische Innervation der Muskeln sind der Nervus radialis, Nervus ulnaris und Nervus medianus zuständig.
Nervus radialis
Der Nervus radialis ist ein sensomotorischer Nerv, welcher aus dem Plexus brachialis abzweigt. Er führt Fasern der Rückenmarkssegmente C5 bis Th1. Er ist motorisch für die Innervation der Extensoren des Unterarms zuständig. Dazu zählen alle Muskeln der Radialisgruppe, sowie der oberflächlichen und tiefen Extensoren.
Nervus ulnaris
Aus dem Plexus brachialis zweigt sich der Nervus ulnaris ab. Er enthält Fasern von C8 bis Th1 und innerviert vorwiegend die Handmuskulatur, aber auch einige Muskeln des Unterarms. Darunter fällt der Musculus flexor carpi ulnaris als Teil der oberflächlichen Flexoren und der Musculus flexor digitorum profundus der tiefen Flexoren.
Nervus medianus
Der Nervus medianus entspringt ebenfalls aus dem Plexus brachialis und führt Fasern der Segmente C6 bis Th1. Er innerviert motorisch den Großteil der Flexoren am Unterarm. Dazu zählen die oberflächlichen Flexoren außer dem Musculus flexor carpi ulnaris und die tiefen Flexoren. Wichtig zu beachten ist die Doppelinnervation des Musculus flexor digitorum profundus mit dem Nervus ulnaris.
Unterarmmuskeln – Klinik
Die Unterarmmuskeln können einige klinische Krankheitsbilder betreffen. Ein Beispiel dafür ist der Tennisarm, der fachlich als Epicondylitis radialis humeri bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um eine Sonderform der Tendinopathie, welche die dorsalen Extensoren des Unterarms betrifft. Sie entsteht durch übermäßige Belastung der Extensoren und führt zu Schmerzen der dorsalen Muskeln und des seitlichen Ellenbogens. Die Schmerzen verstärken sich bei Pronation und Dorsalextension, sowie bei Supination, Flexion oder Faustschluss. Außerdem kann eine Schwäche des Handgelenks auftreten. Einige Provokationstests können bei der Untersuchung und Diagnosestellung helfen. Dazu zählt zum Beispiel der Chair-Test, bei dem der Patient einen Stuhl hochhebt, wodurch die Schmerzen ausgelöst werden können. Die Therapie kann sowohl konservativ als auch bei entsprechender Indikation operativ erfolgen. Die Erkrankung ist meist selbstlimitierend, kann aber bis zu zwei Jahren andauern. Zur Prävention dient die Vermeidung von repetitiver Überbelastung, sowie die Anpassung von Belastung bei Auftreten von Beschwerden.
Ein anderes klinisches Bild ist das Supinatorlogen-Syndrom, bei dem es sich um ein seltenes Engpasssyndrom handelt. Dabei wird der Ramus profundus als motorischer Ast des Nervus radialis zwischen den beiden Köpfen des Musculus supinator eingeklemmt. Daraus ergibt sich eine Schwäche der Fingerextensoren. Ursächlich wirken können Traumata oder eine Überanspruchung des Muskels. Im Unterschied zur unten beschriebenen Fallhand finden sich keine Sensibilitätsstörungen und nur die Strecker der Finger fallen aus.
Nervenausfälle
Fällt einer der drei innervierenden Nerven aus, zeigen sich typische Krankheitsbilder der Hand. Wird der Nervus radialis auf Höhe der Axilla oder des Humerusschafts verletzt, ist eine Fallhand die Folge. Dabei fallen alle Hand- und Fingerextensoren aus, sodass der Patient den Handrücken nicht anheben kann. Hierbei spricht man von einer proximalen Nervenläsion, während das Supinatorlogen-Syndrom durch eine distale Läsion verursacht wird.
Eine proximale Läsion des Nervus ulnaris führt zur Krallenhand, bei der die Finger im Grundgelenk überstreckt und in den Mittel- und Endgelenken gebeugt sind. Ursache ist der Ausfall der Musculi interossei und der Musculi lumbricales III und IV.
Wird der Nervus medianus proximal geschädigt, zeigt sich die sogenannte Schwurhand, da die Flexoren von Daumen-, Zeige- und Mittelfinger ausfallen. Der Faustschluss ist nicht mehr möglich.
- Schünke M et. al., Prometheus LernAtlas der Anatomie (Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem), Thieme, 5. Auflage
- Unterarm, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 14.10.2024)
- Tendinopathie, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 14.10.2024)
- Nervus-medianus-Lähmung, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 14.10.2024)
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- Nervus-radialis-Lähmung, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 14.10.2024)