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Die Vagina ist ein zentrales Organ des weiblichen Fortpflanzungssystems, das nicht nur für die sexuelle, sondern auch für die allgemeine körperliche und emotionale Gesundheit von großer Bedeutung ist. Sie erfüllt vielfältige Funktionen, von der Aufnahme beim Geschlechtsverkehr über die Geburt bis hin zur Abwehr von Infektionen durch ein fein abgestimmtes Milieu. In diesem Artikel werden die Anatomie, Funktion und Pflege der Vagina beleuchtet. Es geht um häufige Beschwerden und deren Behandlungsmöglichkeiten, um ein besseres Verständnis für dieses komplexe Organ zu schaffen, um das so viele Mythen bestehen.
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Vagina – Definition
Die Vagina – oder Scheide, griechisch Kolpos – ist ein Teil des weiblichen Fortpflanzungssystems. Der Begriff bezeichnet den muskulären Schlauch, der die äußeren Geschlechtsorgane (Vulva) mit dem Gebärmutterhals (Zervix) verbindet. Ihre Funktionen sind vielfältig und spielen eine wichtige Rolle in Sachen Hygiene, Gesundheit, sexuelle Erregung und Fruchtbarkeit.
Vagina, Vulva & co. – die korrekte Benennung der weiblichen Geschlechtsorgane
In den letzten Jahren wurden die weiblichen Geschlechtsorgane mehr und mehr enttabuisiert. Dennoch herrscht immer noch ein verbreitetes Missverständnis über ihre Benennung: Viele Menschen verwenden das Wort „Vagina“ als Bezeichnung der äußeren oder äußeren und inneren Genitalien. Korrekterweise ist der äußere Teil (bestehend aus inneren und äußeren Labien sowie der Harnröhrenöffnung und dem außen liegenden Teil der Klitoris) allerdings die Vulva. Die Vagina ist hingegen der erste Teil der innen liegenden Organe, der bis zum Uterus führt. Lediglich das Vestibulum vaginae – der Scheidenvorhof – liegt außen als Teil der Vulva zwischen den inneren Labien. Die Organe gemeinsam bezeichnet eher der aus dem tantrischen stammende Begriff ‚Yoni‘.
Vagina – Anatomie und Aufbau
Von außen nach innen betrachtet beginnt die Vagina mit dem Scheideneingang (Ostium vaginae), der sich an den außen liegenden Scheidenvorhof (Vestibulum vaginae) anschließt. Beide Strukturen werden durch das Hymen voneinander abgegrenzt. Richtung Cervix zieht sie nach dorsal oben und durchtritt den Beckenboden im Bereich des Hiatus urogenitalis. Über dem Beckenboden endet sie zwischen Blase (ventral der Scheide) und Rektum (dorsal von ihr) in die Gebärmutter. Deren Portio vaginalis (der Teil der Cervix uteri die innerhalb der Vagina liegt) reicht von vorn oben in sie hinein. Die Vorderwand des Kolpos ist dadurch deutlich kürzer als die Hinterwand. Letztere führt einmal um die Portio herum und bildet damit das sogenannte Scheidengewölbe, die Fornix vaginae. Nach hinten oben an das Scheidengewölbe schließt sich der Douglas-Raum ab, der als Excavatio rectouterina den Raum zwischen Rektum und Gebärmutter beschreibt und den tiefsten Punkt der Bauchhöhle darstellt. Die Verbindung zur Gebärmutter bildet der meist fest verschlossene Muttermund (Ostium uteri). Eine weitere Struktur, die in enger Beziehung zur Scheide liegt, ist die Harnröhre (Urethra), die an der Vorderwand durch ihr aufliegen eine Furche zieht.
Bei den meisten Menschen mit entsprechenden Genitalien ist die Vagina acht bis zehn Zentimeter lang und hat eine zwei bis vier Millimeter dicke Wand. Ihr Durchmesser liegt im Mittel zwischen zwei und drei Zentimeter. Da Vorder- und Hinterwand die meiste Zeit über eng zusammenliegen, ist das Scheidenlumen dennoch spaltförmig.
Gefäße und Innervation
Das Bindegewebe um die Vagina herum bezeichnet man als Parakolpium. Hier verlaufen die die Vagina versorgenden Blutgefäße und Nerven. Hauptversorger sind die A. vaginalis und die A. uterina. Beide Gefäße stammen aus der Arteria iliaca interna (der inneren Beckenarterie). Venöses Blut wird durch ein dichtes Venengeflecht, den Plexus venosus vaginalis, abgeleitet, das in die Vena iliaca interna mündet.
Um alle ihre Funktionen erfüllen und die tastsensiblen sowie die Erregung auslösenden Signale adäquat weiterzuleiten braucht die Scheide eine komplexe nervale Versorgung aus somatischen und autonomen Nerven. Hauptsächlich wird sie durch Äste des Plexus hypogastricus inferior (auch als Beckengeflecht bekannt) innerviert, welches sympathische und parasympathische Fasern enthält. Am empfindlichsten sind dabei bei vielen Vaginen der vordere Teil, der von der Klitoris umgeben ist, sowie die Region um die Portio herum. Die unteren Anteile der Vagina werden zusätzlich durch den Nervus pudendus versorgt, der für die somatische Sensibilität verantwortlich ist, insbesondere im Bereich des Scheideneingangs und der äußeren Genitalien.
Feinbau
Der histologische Feinbau der Vagina besteht aus mehreren Schichten, die ihre Funktion als dehnbarer, schützender und selbstreinigender Kanal unterstützen. Die Tunica mucosa bildet die innere Schicht und ist mit einem mehrschichtigen, unverhornten Plattenepithel ausgekleidet, das Schutz vor mechanischer Belastung bietet. Darunter befindet sich eine Lamina propria, die reich an elastischen Fasern und Blutgefäßen ist, was der Vagina ihre Elastizität und Versorgung sichert. Es gibt in der Vaginalschleimhaut keine Drüsen; die Befeuchtung erfolgt durch transsudiertes Plasma sowie durch Sekrete aus dem Zervixschleim und den Drüsen der Vulva. Die Tunica muscularis besteht aus glatter Muskulatur in einer inneren zirkulären und äußeren longitudinalen Schicht, die Dehnbarkeit und Kontraktionsfähigkeit ermöglicht. Äußerlich ist die Vagina von der Tunica adventitia umgeben, die die Struktur mit dem umliegenden Gewebe verankert.
Scheide – Funktion und Bedeutung
Die Vagina ist Ein- und Ausführungsgang der inneren Geschlechtsorgane Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcke. Sie nimmt beim Geschlechtsverkehr den Penis auf und bietet damit die Möglichkeit, die Spermien bei der Ejakulation möglichst nah an den Genitaltrakt heranzubringen und die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung zu erhöhen. Am Ende der Schwangerschaft dient sie als Geburtskanal, wobei der muskuläre Schlauch besonders flexibel und dehnbar ist, um dem Kind die Passage zu ermöglichen. Anschließend ist sie in der Lage sich zurück zu entwickeln (ein „Ausleihern“ findet nicht statt). Da sie eine Verbindung zur Umgebung außerhalb des Körpers darstellt, verfügt sie über mehrere Barrierefunktionen, um mögliche Keime und schädliche Umwelteinflüsse fernzuhalten. Dazu gehört unter anderem der scheideneigene Biofilm (Scheidenflora) und der zusammenhängende pH-Wert.
Scheidenmilieu
Das Scheidenmilieu ist unter normalen Bedingungen leicht sauer, mit einem pH-Wert von etwa 3,8 bis 4,5. Diese saure Umgebung wird hauptsächlich durch die Milchsäurebakterien (Laktobazillen) aufrechterhalten, die Glykogen in Milchsäure umwandeln und so das Wachstum pathogener Mikroorganismen hemmen. Das saure Milieu dient als natürlicher Schutzmechanismus gegen Infektionen und spielt eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung der vaginalen Gesundheit. Störungen des Scheidenmilieus, wie durch Antibiotika oder hormonelle Veränderungen, können das Gleichgewicht der körpereigenen Bakterien beeinträchtigen und zu Infektionen führen.
Wie beeinflusst die Menopause die Scheidenflora?
Während der Menopause sinkt der Östrogenspiegel, was zu einer Verdünnung der Vaginalschleimhaut und einer Verringerung des Glykogengehalts führt. Dadurch reduziert sich die Anzahl der Laktobazillen, was das Scheidenmilieu weniger sauer macht (der pH-Wert steigt). Diese Veränderungen erhöhen das Risiko für Infektionen und Trockenheit, da der natürliche Schutzmechanismus der Vagina geschwächt wird. Wer durch entsprechende Symptome während und nach der Menopause belastet ist, kann sich gynäkologische Hilfe suchen und beispielsweise lokale, niedrigdosierte Hormonpräparate verschreiben lassen.
Sexuelle Erregung
Bei sexueller Erregung kommt es in der Vagina zu mehreren physiologischen Veränderungen, die durch das Zusammenspiel des autonomen Nervensystems und lokaler Mechanismen ausgelöst werden. Eine vermehrte Durchblutung führt zu einer Vasokongestion, wodurch die Vaginalwände stärker durchblutet und feucht werden (Lubrikation). Letztere erfolgt durch Plasmaaustritt aus den Blutgefäßen der Vaginalschleimhaut, was das Eindringen erleichtert und Reibung reduziert. Zusätzlich verlängert sich die Vagina und der obere Teil weitet sich. Dieser Prozess, der als vaginale Tenting-Reaktion bezeichnet wird, unterstützt den Geschlechtsverkehr. Die glatte Muskulatur der Vaginalwände entspannt sich, während die äußeren Anteile sich leicht zusammenziehen, um den Penis besser zu umschließen.
Kommt es auf die Größe an? Ein Vergleich
Wie weiter oben im Text erwähnt ist die durchschnittliche „ausgewachsene“ Vagina zwischen acht und zehn Zentimeter lang, ein durchschnittlicher errigierter Penis beim Erwachsenen hat eine Durchschnittslänge von 12 bis 13 Zentimeter.
Vagina – Klinische Bedeutung und Untersuchungen
Klinische Untersuchungen der Vagina sind zentral in der gynäkologischen Diagnostik, finden aber auch in der Urologie und seltener in anderen medizinischen Fachrichtungen Anwendung. Zu den häufigsten gehört der Vaginalabstrich, bei dem Zellen zur Untersuchung auf Infektionen oder Krebsvorstufen, etwa im Rahmen eines Pap-Tests, entnommen werden. Die Durchführung erfolgt normalerweise während einer Spekulumuntersuchung, die Einblick in die Scheide und auf den Muttermund gibt. Neben ihr führt man im Rahmen der Standarddiagnostik eine biomanuelle Tastuntersuchung durch, die palpatorischen Überblick über die umliegenden Organe (Harntrakt, Gebärmutter und Ovarien) geben kann.
Ergänzend kann man transvaginalen Ultraschall einsetzen. Dabei führt man einen Schallkopf in die Vagina ein, um hochauflösende Bilder der inneren Harn- und Geschlechtsorgane zu erstellen. Besonders bei der Diagnose von Zysten, Myomen oder in der Frühschwangerschaft ist dies von Nutzen. Eine Methode, die weniger eng mit der Untersuchung der Vagina assoziiert ist, aber genauso bedeutsam in der Medizin, ist die Punktion des Douglas-Raums. Dabei entnimmt man mittels einer Nadel Flüssigkeit aus dem Raum zwischen Gebärmutter und Rektum, um etwa Blut oder Eiter bei Verdacht auf eine Eileiterschwangerschaft oder entzündliche Prozesse nachzuweisen.
Scheide – Beschwerden und Krankheiten
Beschwerden der Scheide können vielfältig sein und unterschiedliche Ursachen haben. Häufig treten Trockenheit und ein damit verbundenes Brennen oder Jucken auf. Insbesondere hormonelle Veränderungen – wie in den Wechseljahren – sind Risikofaktor für Beschwerden und Erkrankungen. Sie rufen beispielsweise Trockenheit hervor, was zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führen kann. Ungewöhnlicher Ausfluss kommt ebenfalls häufig vor und kann auf Entzündungen oder Infektionen hindeuten. Hierbei kann es sich etwa um bakterielle Vaginosen oder sexuell übertragbare Infektionen handeln. Zudem können mechanische Reizungen durch übermäßige Hygiene, bestimmte Hygieneprodukte oder enge Kleidung die empfindliche Vaginalschleimhaut irritieren.
Scheidenpilz – Hilfe, die Vagina juckt
Scheidenpilz, meist verursacht durch den Hefepilz Candida albicans, ist eine häufige Infektion der Vagina. Häufige Symptome sind Juckreiz, Brennen, Rötungen und ein weißer, krümeligerAusfluss. Faktoren wie ein geschwächtes Immunsystem, Antibiotika oder hormonelle Veränderungen können das natürliche Gleichgewicht der Vaginalflora stören. Das dadurch entstehende Milieu begünstigt das Pilzwachstum. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit antimykotischen Medikamenten, die man entweder lokal als Creme oder Zäpfchen oder systemisch als Tabletten anwendet.
Vaginismus
Schmerzen im Bereich der Vagina beim Geschlechtsverkehr können unterschiedlichste Gründe haben. Dazu gehören neben direkten Ursachen – wie zu geringer Feuchtigkeit oder Entzündungen – auch indirekt beispielsweise durch Harnwegsinfekte. Eine für betroffene besonders belastende Erkrankung ist der sogenannte Vaginismus. Hierbei kommt es zu einem reflexartigen Spasmus (Krampf) der vaginalen Muskulatur. Es handelt sich um einen psychopathologischen Befund. Vor der Diagnosestellung muss das ärztliche Personal dinglichst mögliche organische Ursachen ausschließen. Zur Therapie gehören Aufklärung, Entspannungsmethoden und verhaltens- sowie sexualtherapeutische Maßnahmen. Ihr Ziel ist es, den Betroffenen Leidensdruck zu nehmen und ein angenehmes sexuelles Erleben zu ermöglichen.
Häufige Fragen
- Was liegt direkt am Scheideneingang?
- Was liegt direkt hinter dem Scheideneingang?
- Wie sieht eine gesunde Scheide aus?
- Was verschlimmert Scheidenpilz?
Direkt am Scheideneingang befinden sich die inneren Vulvalippen (Labia minora), die den Eingang umgeben und schützen. Ebenfalls dort liegt das Hymen (Jungfernhäutchen), ein dünnes Gewebe, das den Vaginaleingang teilweise bedecken kann. In der Nähe befindet sich die Harnröhrenöffnung, durch die der Urin ausgeleitet wird.
Direkt hinter dem Scheideneingang befindet sich die vordere Vaginalwand, die sich in Richtung der Harnröhre und Blase erstreckt. Dieser Bereich enthält das vaginale Vestibulum, in dem sich die Öffnungen der Bartholin-Drüsen befinden, die bei Erregung zur Befeuchtung beitragen. Weiter dahinter verläuft die Vagina in Richtung des Gebärmutterhalses (Zervix), der das Ende der Vaginalhöhle markiert.
Eine gesunde Scheide hat in der Regel eine rosa bis leicht rötliche Farbe, was auf eine gute Durchblutung der Schleimhäute hinweist. Die Vaginalschleimhaut ist feucht und glatt, ohne sichtbare Risse, Schwellungen oder Wunden. Ein leichter, klarer bis milchig-weißer Ausfluss ist normal und hilft, die Vagina zu reinigen und zu schützen. Es sollten keine auffälligen Gerüche, Verfärbungen oder Schmerzen vorhanden sein, was auf eine gesunde Balance der Vaginalflora hinweist.
Scheidenpilz kann durch verschiedene Faktoren verschlimmert werden, die das natürliche Gleichgewicht der Vaginalflora stören. Antibiotika können nützliche Bakterien wie Laktobazillen reduzieren, wodurch Hefepilze leichter wachsen. Hormonelle Veränderungen, etwa während der Schwangerschaft oder durch die Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln, können das Risiko ebenfalls erhöhen. Auch enge Kleidung oder synthetische Unterwäsche fördern ein feuchtes, warmes Milieu, das das Pilzwachstum begünstigt, ebenso wie übermäßige Intimhygiene, die den natürlichen Säureschutzmantel der Vagina zerstören kann.
- Lüllmann-Rauch R, Asan E. Cervix uteri und Vagina. In: Lüllmann-Rauch R, Asan E, Hrsg. Taschenlehrbuch Histologie. 7., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2024.
- Payk T, Brüne M. Vaginismus. In: Payk T, Brüne M, Hrsg. Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. 8., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2021.
- Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K. 1.20 Scheide (Vagina). In: Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Voll M, Wesker K, Hrsg. Prometheus LernAtlas – Innere Organe. 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2022.
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- Scheide (Vagina), https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum 28.09.2024)