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Die menschliche Haut ist ein komplexes Organ, das deutlich mehr Funktionen hat, als nur als Schutzbarriere zu dienen. Sie vermittelt zahlreiche sensorische Informationen, die unser Bewusstsein und Verhalten beeinflussen. Eine wichtige Rolle in der Wahrnehmung von mechanischen Reizen wie Vibrationen und Druck spielen die sogenannten Vater-Pacini-Körperchen. Diese hochspezialisierten Mechanorezeptoren tragen wesentlich dazu bei, dass wir feinste Veränderungen in unserer Umgebung spüren können. An welchen Körperstellen man sie findet, wie sie aufgebaut sind und welche Funktionen sie erfüllen, thematisiert dieser Artikel.
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Vater-Pacini Körperchen – Definition
Vater-Pacini-Körperchen, auch als Pacini-Körperchen bezeichnet, sind große, zwiebelschalenartig aufgebaute Mechanorezeptoren, die auf schnell wechselnde mechanische Reize wie Vibrationen reagieren. Sie gehören zu den schnell adaptierenden Rezeptoren und sind fähig, hochfrequente Vibrationen im Bereich von 200 bis 400 Hertz zu erkennen. Benannt wurden sie nach dem deutschen Anatomen Abraham Vater und dem italienischen Anatomen Filippo Pacini. Ihre einzigartige Struktur erlaubt es ihnen, mechanische Reize in elektrische Signale umzuwandeln, die dann wiederum über das Nervensystem an das Gehirn weitergeleitet werden.
Vater-Pacini Körperchen – Lokalisation
Die Vater-Pacini-Körperchen sind in verschiedenen Geweben des menschlichen Körpers zu finden. Am häufigsten treten sie in der Subcutis von Handflächen und Fußsohlen sowie in den proximalen Phalangen von Fingern und Zehen auf. Des Weiteren finden sich diese Rezeptoren in Gelenkkapseln, der Knochenhaut, dem Peritoneum und der Pleura. Auch in Organen wie der Bauchspeicheldrüsenregion, der Harnblase und in sensiblen Bereichen wie der Klitoris und der Vorhaut des Mannes kommen sie vor. Diese weite Verbreitung unterstreicht ihre Bedeutung für die Wahrnehmung von mechanischen Reizen in unterschiedlichen Körperregionen.
Vater-Pacini Körperchen – Aufbau
Vater-Pacini-Körperchen haben eine ovale bis eiförmige Grundstruktur mit einer Größe von eins bis vier Millimetern. Im Zentrum dieser Struktur befindet sich ein dendritisches Axon, das von Schwann-Zellen umgeben ist. Dieses zentrale Axon, welches man auch Innenkolben nennt, ist von mehreren Schichten konzentrisch angeordneter perineuraler Neurothelzellen umhüllt. Diese Lamellen bilden die zwiebelschalenartige Struktur, die charakteristisch für die Vater-Pacini-Körperchen ist. Zwischen den Lamellen befindet sich eine visköse Flüssigkeit, die zur mechanischen Dämpfung beiträgt. Die periphere Umhüllung wird durch eine Bindegewebskapsel komplettiert, die das gesamte Rezeptororgan schützt.
Das zentrale Axon hat einen Durchmesser von etwa zehn Mikrometern und ist stark myelinisiert, wodurch die schnelle Weiterleitung der elektrischen Signale gewährleistet wird. Liegen mehrere Axone in einem Körperchen zusammen, spricht man von sogenannten Golgi-Mazzoni-Körperchen. Kleinere Varianten der Vater-Pacini-Körperchen, die vor allem in Schleimhäuten vorkommen, werden als Krause-Endkolben bezeichnet.
Vater-Pacini Körperchen – Funktion
Die Hauptaufgabe der Vater-Pacini-Körperchen liegt in der Detektion von Vibrationen und schnellen Druckänderungen. Sie arbeiten als Differenzialsensoren, die speziell auf Beschleunigungen reagieren. Die Lamellenstruktur mit der viskösen Flüssigkeit fungiert hierbei als mechanischer Filter. Die dämpfende Wirkung der Lamellen verhindert die Übertragung von langsamen Druckänderungen auf das zentrale Axon. Schnelle Verformungen hingegen üben ausreichend mechanischen Druck auf das Axon aus, um drucksensitive Ionenkanäle zu öffnen.
Aktivierung der Ionenkanäle
Die Aktivierung der Ionenkanäle führt zu einem Einstrom von Natriumionen und generiert ein Rezeptorpotential. Sobald eine Schwelle überschritten wird, entsteht ein Aktionspotential. Dieses leiten die afferenten Nervenfasern zum zentralen Nervensystem weiter. Im primären somatosensorischen Kortex werden diese Signale verarbeitet und als Vibrationsempfindung wahrgenommen.
Neuronale Verschaltung
Aβ-Fasern – dicke, myelinisierte Nervenfasern – leiten die Signale der Vater-Pacini-Körperchen weiter. Diese transportieren das Aktionspotential zunächst zu den Spinalganglien und über den Hinterstrang des Rückenmarks zu den Hinterstrangkernen im Hirnstamm. Dort erfolgt die erste Umschaltung. Die efferenten Fasern ziehen anschließend über die mediale Schleifenbahn (Lemniscus medialis) zum Thalamus, wo eine weitere Verschaltung stattfindet. Vom Thalamus aus gelangen die Informationen in den primären somatosensorischen Kortex, der diese schließlich interpretiert.
Bedeutung für die Wahrnehmung
Die Vater-Pacini-Körperchen sind für die Wahrnehmung von hochfrequenten Vibrationen unverzichtbar. Sie sind besonders empfindlich und können Auslenkungen von weniger als einem Mikrometer wahrnehmen. Diese Sensoren sind jedoch nicht in der Lage, die genaue Lokalisation eines Reizes zu bestimmen. Stattdessen arbeiten sie synergistisch mit anderen Mechanorezeptoren wie Meissner-Körperchen und Merkel-Zellen, die für die Präzision der Reizlokalisation zuständig sind. Durch diese Zusammenarbeit entsteht eine differenzierte Wahrnehmung mechanischer Reize.
- Lüllmann-Rauch, R et al., Taschenlehrbuch Histologie (Thieme, 6. Auflage, 2019)
- Taktiles System, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 31.12.2024)