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Die Vena jugularis externa ist eine bedeutende oberflächliche Vene im Halsbereich, die eine wesentliche Rolle im venösen Rückfluss des Kopfes und der Halsregion spielt. Ihre anatomische Lage und ihr Verlauf machen sie sowohl für die klinische Diagnostik als auch für therapeutische Eingriffe relevant. Dieser Artikel beschäftigt sich eingehend mit der Anatomie und ihrer klinischen Bedeutung.
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Vena jugularis externa – Definition
Die Vena jugularis externa, auch als äußere Drosselvene bezeichnet, ist eine paarige Vene, die den Großteil des venösen Blutes von der äußeren Schädeldecke und den tiefen Gesichtsregionen ableitet. Sie entsteht durch den Zusammenfluss der Vena auricularis posterior und des hinteren Astes der Vena retromandibularis.
Vena jugularis externa – Anatomie und Verlauf
Die Vena jugularis externa beginnt in der Nähe des Kieferwinkels innerhalb der Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis) und verläuft senkrecht über den Musculus sternocleidomastoideus. Sie zieht in Richtung Schlüsselbein (Clavicula), wo sie die tiefe Halsfaszie durchdringt und in die Vena subclavia mündet.
Auf ihrem Verlauf nimmt sie mehrere Zuflüsse auf, darunter die Vena jugularis anterior, die Vena suprascapularis und die Vena transversa colli. Die Vene ist von der tiefen Halsfaszie bedeckt und wird oberflächlich vom Platysma sowie der Haut überlagert. In ihrem oberen Verlauf verläuft sie parallel zum Nervus auricularis magnus. Etwa vier Zentimeter oberhalb der Clavicula befindet sich häufig eine Erweiterung, der sogenannte Sinus, der eine Klappe enthält.
Venenklappen
Die Vena jugularis externa besitzt typischerweise eine oder zwei Venenklappen, die sich etwas oberhalb der Clavicula befinden. Diese Klappen sind jedoch häufig insuffizient oder fehlend, sodass es bei erhöhtem zentralvenösem Druck (ZVD) zu einem retrograden Blutfluss kommen kann. Dies erklärt, warum die Vene bei Rechtsherzinsuffizienz, einem Vena-cava-superior-Syndrom oder einem starken Valsalva-Manöver (Pressen oder Husten) prominent gefüllt erscheint. Dieses Phänomen wird in der klinischen Diagnostik genutzt, um Rückschlüsse auf den zentralen Venendruck zu ziehen.
Embryologische Entwicklung
Die Vena jugularis externa entwickelt sich aus dem primären Venenplexus des Kopf- und Halsbereichs. Im Embryonalstadium erfolgt eine Umverteilung des venösen Abflusses, wobei sich die Vena cardinalis anterior und der primäre Kopfvenenplexus umstrukturieren. Durch diese Entwicklung entsteht die Vena jugularis externa als ein oberflächliches venöses Abflusssystem, das vorwiegend die äußeren Anteile des Kopfes und Halses drainiert.
In einigen Fällen kann es während der embryonalen Entwicklung zu Anomalien kommen, wie einer persistierenden primitiven Venenverbindung oder einer unzureichenden Rückbildung des Venenplexus, was zu anatomischen Variationen führt.
Fehlbildungen können beispielsweise zu venösen Malformationen oder zusätzlichen venösen Verbindungen führen. Embryologische Defekte können weiterhin zu seltenen angeborenen Venenerkrankungen wie AV-Fisteln oder einer doppelten Vena jugularis externa führen.
Anatomische Varianten
Die Vene weist eine hohe Variabilität auf, was für chirurgische, interventionelle und diagnostische Verfahren relevant ist. Zu den häufigsten Varianten gehören:
- Duplikation: Zwei parallel verlaufende Venen auf einer oder beiden Seiten.
- Hypoplasie oder Aplasie: Die Vene ist unterentwickelt oder fehlt einseitig.
- Abweichende Mündung: Statt in die Vena subclavia kann die Vene in die Vena brachiocephalica oder direkt in die Vena jugularis interna münden.
- Verstärkte Anastomosen: Ungewöhnliche venöse Verbindungen zu anderen Halsvenen, die den Abfluss beeinflussen können.
Die Varianten haben wichtige klinische Konsequenzen. Eine fehlende oder hypoplastische Vene kann zu Problemen bei der Katheterisierung führen, während eine Duplikation die Interpretation einer Halsvenenstauung erschweren kann. Eine abnorme Mündung kann möglicherweise den venösen Rückfluss verändern und die Gefahr einer Thrombose erhöhen.
Vena jugularis externa – Hämodynamische Bedeutung
Die Vena jugularis externa spielt funktionell eine zentrale Rolle in der hämodynamischen Regulation des Kopf-Hals-Venensystems. Sie dient als Druckausgleichsvene, wenn die Vena jugularis interna oder die Vena subclavia blockiert sind. Der venöse Rückfluss in der Vena jugularis externa ist stark lageabhängig, denn im Stehen oder Sitzen ist die Vene oft kollabiert. Im Liegen oder bei erhöhtem zentralvenösem Druck kann sie hingegen prominent gefüllt sein. Eine sichtbare, pulsierende Halsvene ist ein wichtiger Hinweis auf eine erhöhte rechtsatriale Druckbelastung.
Eine prominente oder gestaute Vena jugularis externa kann auf eine venöse Stauung hinweisen, beispielsweise bei:
- Rechtsherzinsuffizienz
- Perikardtamponade
- Spannungspneumothorax
- Vena-cava-superior-Syndrom
Ein plötzlicher Kollaps der Vene könnte ein Hinweis auf eine Hypovolämie oder einen Schockzustand sein.
Vena jugularis externa- Klinik
Aufgrund ihres oberflächlichen Verlaufs ist die Vena jugularis externa leicht sichtbar und tastbar, was sie für klinische Untersuchungen und Eingriffe besonders zugänglich macht.
Die Beurteilung der Vena jugularis externa erfolgt primär durch Inspektion und Palpation. Aufgrund der Lageabhängigkeit wird die Halsvenenstauung in einer 45-Grad-Oberkörperhochlagerung beurteilt. Eine Differenzierung zwischen venöser und arterieller Pulsation erfolgt durch sanften Druck auf die Vene: Eine venöse Pulsation verschwindet oder verändert sich, während eine arterielle Pulsation bestehen bleibt.
Eine sichtbare Füllung oder Erweiterung der Vene kann auf eine venöse Stauung hinweisen, beispielsweise bei einer Rechtsherzinsuffizienz. In solchen Fällen spricht man von einer Halsvenenstauung, die ein wichtiger diagnostischer Hinweis auf kardiale oder pulmonale Erkrankungen sein kann.
Diagnostische Verfahren
Die Vene kann mittels verschiedener bildgebender Verfahren dargestellt werden:
- Duplex- oder Doppler-Sonographie: Beurteilung des venösen Flusses und Ausschluss einer Thrombose.
- CT-Angiographie/MR-Angiographie: Indiziert bei Tumorverdacht, Thrombosen oder Gefäßanomalien.
- ZVD-Messung über einen zentralen Venenkatheter: Goldstandard zur Beurteilung des venösen Drucks.
Inverventionen
Auch für Interventionen ist die Vene geeignet, besonders aufgrund ihrer oberflächlichen Lage.
Eine Form ist die Nutzung als Venenzugang:
- Periphere Venenverweilkanüle: Insbesondere bei Schockpatienten kann man sie als Notfallzugang nutzen.
- Zentralvenöser Katheter (ZVK): Leidet ein Patient unter Flüssigkeitsmangel oder Schock oder benötigt er eine parenteralen Ernährung, kann in die Vene ein ZVK gelegt werden. Die Vena jugularis externa wird seltener als die Vena jugularis interna verwendet, da sie eine höhere Dislokationsrate aufweist.
Die Vena jugularis externa kann weiterhin als Transplantat in der Gefäßchirurgie genutzt werden, etwa für Bypass-Operationen oder rekonstruktive Gefäßeingriffe. In der plastischen Chirurgie kann man sie zur Rekonstruktion von Weichteilgeweben verwenden.
- Aust G et. al., Duale Reihe Anatomie (Thieme, 6. Auflage, 2024)
- Übersicht der Kopf- und Halsregion, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 02.02.2025)
- Zentraler Venenkatheter, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 02.02.2025)