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Der Zervixschleim wird selten thematisiert und stellenweise als “eklig” empfunden. Tatsächlich ist er jedoch ein zentraler Bestandteil des weiblichen Fortpflanzungssystems. Dieses natürliche Sekret, das vom Gebärmutterhals produziert wird, spielt eine zentrale Rolle nicht nur bei der Fruchtbarkeit, sondern auch bei der Gesundheit der Vagina insgesamt. Von seiner biologischen Funktion bis hin zu seiner Rolle als Indikator für den hormonellen Zustand einer Frau bietet der Zervixschleim faszinierende Einblicke in die Komplexität des weiblichen Körpers und verdient daher eine genauere Betrachtung.
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Zervixschleim – Was ist das?
Zervixschleim (Zervikalsekret) ist eine von den Drüsen des Gebärmutterhalses (Cervix uteri oder Zervix) produzierte Körperflüssigkeit, die in Menge und Beschaffenheit je nach Menstruationszyklus variiert. Dieser Schleim spielt eine entscheidende Rolle bei der Fortpflanzung, da er die Spermien unterstützt, indem er ihnen hilft, durch den Gebärmutterhals in die Gebärmutter (Uterus) zu gelangen, insbesondere während der fruchtbaren Phase des Zyklus.
Zervixschleim – Zusammensetzung und Funktion
Der Zervikalschleim wird in den Glandulae cervicales uteri produziert, die im Zylinderepithel des Zervikakanals liegen. Das leicht alkalische Sekret besteht aus Muzinen, Aminosäuren, Zucker, Enzymen, Elektrolyten und bis zu 90 Prozent aus Wasser. Auch Antikörper und Immunzellen (Leukozyten) machen einen Teil seiner Zusammensetzung aus.
Diese verändert sich jedoch im Verlauf des Zyklus. Die meiste Zeit liegt der Zervixschleim pfropf-ähnlich im Zervixkanal und schützt die weiter innen liegenden weiblichen Genitalien vor Bakterien und anderen Krankheitserregern, hemmt aber auch das eindringen von Spermien. Bei einem natürlichen Zyklus (ohne den Einfluss hormoneller Kontrazeptiva) verändert sich das Sekret um den Eisprung herum: Die Muzine lagern sich nun parallel zueinander an. Dadurch wird das Zervikalsekret flüssiger und ermöglicht das Durchdringen der Spermien durch den Zervikalkanal. Durch den erhöhten pH-Wert des Schleims neutralisiert dieser das normalerweise spermienunfreundliche, saure Vaginalmilieu. Das und der hohe Glucoseanteil verbessert die Bewegungs- und Überlebensfähigkeit der männlichen Keimdrüsen auf ihrem Weg durch den Genitaltrakt.
Infertilitätsdiagnostik: Der Kurzrok-Miller-Test
Die Infertilitätsdiagnostik bei Menschen mit Uterus setzt sich aus mehreren Aspekten zusammen. Hierzu gehört auch eine Untersuchung der Beschaffenheit und Spermien-Freundlichkeit des Zervixschleims (Kurzrok-Miller-Test). Bei diesem Labortest werden auf einem Objektträger je ein Tropfen Zervixschleim (entnommen zum Zeitpunkt der Ovulation) und ein Tropfen Samenflüssigkeit aufgetragen. Nun kann unter dem Mikroskop untersucht werden, ob die Spermien in den Zervixschleim eindringen können (positives Testergebnis) oder nicht.
Zervixschleim – Veränderung und Phasen im Zyklus
Veränderungen der Zervixschleims innerhalb des Mentruationszyklus sind vor allem durch die zyklischen Homonschwankungen verantwortet. Der Hauptanteil an der Veränderung haben die Hormone Östrogen und Progesteron. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über den Einfluss der Geschlechtshormone:
Hormon | Auswirkungen auf den Zervixschleim |
---|---|
Östrogen | Erhöht die Produktion des Zervixschleims, macht ihn klar, dehnbar und spinnbar (ähnlich rohem Eiweiß), wodurch Spermien leichter durch den Gebärmutterhals gelangen können. |
Progesteron | Reduziert die Menge des Zervixschleims, macht ihn dickflüssig und klebrig, was die Durchlässigkeit für Spermien erschwert. |
Luteinisierendes Hormon (LH) | Steigert kurzzeitig die Menge und Qualität des Zervixschleims vor dem Eisprung, in Kombination mit hohen Östrogenspiegeln. |
Follikelstimulierendes Hormon (FSH) | Indirekt, durch Stimulation der Östrogenproduktion in den Ovarien, trägt zur Verbesserung der Qualität und Menge des Zervixschleims bei. |
Bei der Beurteilung des Zervikalsekrets unterscheidet man zwischen verschiedenen Konsistenzen, die standardisiert benannt werden:
- trocken: kein Schleim, meist in Kombination mit einem Trockenheits- oder Juckgefühl oder keiner Empfindung
- cremig: dicke, weißlich oder gelbliche Konsistenz (ähnlich wie eine creme), manchmal in Kombinationen mit Klumpen. Kann an Quark oder Joghurt erinnern
- feucht oder ölig: klar glänzend, nicht oder sehr wenig fadenziehend
- fadenziehend oder dehnbar: der Zervixschleim kann wenig zwischen den Fingern auseinandergezogen werden
- wie rohes Eiweiß: bezieht sich auf das Aussehen, glasig mit weißen Fäden durchsetzt
- spinnbar: kann zwischen den Fingern auf etwa eine Fingerlänge (10 bis 12 cm) auseinandergezogen (gesponnen) werden
- flüssig: das Sekret rinnt wie Wasser durch die Finger
Auch die Menge des produzierten Sekrets verändert sich. Im Schnitt schwankt diese innerhalb des Zyklus zwischen 0,1 und 0,5 ml täglich.
Vaginalausfluss
Der Vaginalausfluss hängt von verschiedenen Faktoren ab und entspricht nicht nur dem Zervixschleim. Hierzu gehört beispielsweise auch das Sekret, das von Drüsen entlang der Vagina (vor allem ihres Ausgangs) erzeugt wird und für das „feucht werden“ bei sexueller Erregung verantwortlich ist. Entsprechend der Zyklusphasen nimmt das Zervikalsektret einen unterschiedlichen Anteil am Ausfluss ein. Die Schleimabnahme am Scheideneingang ist entsprechend deutlich unsicherer als die am Muttermund.
Während der Periode
Während der Periode ist der Zervixschleim nur schwer bis unmöglich vom Periodenblut zu unterscheiden. Mit Ausnahme von sehr kurzen Zyklen ist er kaum bis nicht vorhanden oder sitzt als fester Pfropf im Bereich der Zervix.
Nach der Periode
Die Zeit zwischen dem ersten Tag der Menstruation und dem Eisprung bezeichnet man als Follikelphase. Hierbei steigt die Qualität des Zervixschleims gemäß der Östrogenkonzentration meist stetig an. Direkt nach der Periode ist das Sekret normalerweise also eher cremig und nicht spinnbar oder ölig.
Vor dem Eisprung
Geht die Follikelphase auf den Eisprung zu, steigt auch die Östrogenkonzentration und die Qualität des Zervixschleims. Er wird flüssiger (Viskosität sinkt), bei manchen Menschen klar und dehnbar.
Eisprung
Um den Eisprung herum erreicht das Zervikalsekret seinen Höhepunkt. Er wird gut spinnbar oder sehr flüssig. Darüber hinaus steigt der pH-Wert an, um die Milchsäure der Vagina zu neutralisieren.
Der Zervixschleim-Höhepunkt
Grundkonsistenz und Menge des Zervixschleims sind von Person zu Person unterschiedlich und müssen individuell betrachtet werden. Der Schleimhöhepunkt um die Ovulation herum kommt aber bei fast allen Personen mit Uterus und natürlich erhaltenem Menstruationszyklus vor. Zur Beurteilung des Schleims (zur Verhütung, zum Zyklustracking oder zur Diagnostik) reicht ein Tag mit verbesserter Qualität aus.
Nach dem Eisprung
Nach dem Eisprung sinkt die Östrogenkonzentration im Blut, während die Progesteronkonzentration ansteigt. Die Phase nach dem Eisprung bis zur nächsten Periode bezeichnet man als Lutealphase. Sie ist in ihrer Länge sehr konstant (14 bis 16 Tage). Durch die Hormonverschiebung in Richtung Progesteron macht der Zervixschleim eine umgekehrte Entwicklung: Seine Viskosität steigt wieder und die Spinnbarkeit sinkt. Bleibt die Qualität des Zervikalsekrets über mehrere Tage bis Wochen erhalten oder kehrt sie längerfristig zum Zustand während des Eisprungs zurück, kann dies ein Zeichen für eine Frühschwangerschaft sein.
Wechseljahre
In den Wechseljahren (um die Menopause herum) kommt es zu verschiedenen Hormonveränderungen und letztendlich insgesamt zu einer Absenkung des Östrogens. Dadurch wird die Vaginalschleimhaut insgesamt trockener und auch die Viskosität des Zervixsekrets kann deutlich steigen. Bei manchen Personen bleibt der Ausfluss während und nach der Menopause aber auch klar und flüssig. Da Schmierblutungen während der Menopause keine Seltenheit sind, ist auch die farbliche Veränderung hin zu bräunlich/rötlich über einen gewissen Zeitraum nicht ungewöhnlich. Da durch die Trockenheit aber auch Krankheitserreger besser in die Schleimhäute eindringen könne, sollte man bei starken oder langanhaltenden farblichen Veränderungen (zu grün, gelb, braun, …), bei unangenehmem Geruch, sehr klumpigen Ausfluss oder anderen gynäkologischen Symptomen (Jucken, Brennen, Ausschlag, …) ärztlichen Rat aufsuchen.
Verhütung
Die Beschaffenheit des Zervixschleims spielt eine zentrale Rolle bei der Kontrazeption (Schwangerschaftsverhütung).
Was ist der Pearl-Index?
Hormonelle Verhütung
Bei der hormonellen Verhütung werden Hormone, die den weiblichen Geschlechtshormonen stark ähneln oder identisch sind, verabreicht. Die gängigen Wirkstoffe sind dabei Östrogene und Gestagene, die einzeln oder als Kombipräparat verschrieben werden. Auswirkung auf den Zervixschleim haben dabei vor allem die Gestagene, die seine Viskosität erhöhen und die Steigerung des pH-Wertes zur Ovulation verhindern. Das macht ihn nahezu undurchlässig für Spermien. Gestagene allein finden sich normalerweise in der sogenannten „Minipille“, die meist vor allem bei Östrogenunverträglichkeit Anwendung findet. Kombipräparate bezeichnet man als „Mikropille“. Darüber hinaus gibt es Hormonimplantate und -Injektionen, die mit dem Wirkstoff Gestagen funktionieren. Folgende Tabelle zeigt einen Überblick über die Zuverlässigkeit der Kontrazeption mit Gestagenen:
Kontrazeptivum | Pearl-Index (typische Anwendung) | Pearl-Index (perfekte Anwendung) |
---|---|---|
Minipille (Gestagen-Only-Pille) | 0,3 – 9 | 0,3 – 3 |
Depot-Injektion | 0,3 – 6 | 0,3 – 1,4 |
Hormonimplantat | 0 – 0,4 | 0 – 0,08 |
Gestagenfreisetzendes Intrauterinpessar (IUP) | 0,9 – 3,0 | 0,9 |
Gestagen-haltiger Vaginalring | 0,3 – 1,5 | 0,3 – 0,65 |
Gestagen-haltiges Pflaster | 0,3 – 1,5 | 0,3 – 0,9 |
Quelle: Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe. 4. vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2013
NFP
NFP steht für natürliche Familienplanung und bezeichnet eine Methode, bei der der natürliche Menstruationszyklus anhand von morgendlich gemessener Basaltemperatur, Zervixschleim-Beschaffenheit, (Portio-Stand) und Symptomen beobachtet wird. Diese Technik – die symptothermale Beobachtung und die Billings-Methode mit einschließt – kann den Zeitpunkt des Eisprungs abschätzen und die Familienplanung erleichtern, wird aber auch als Verhütungsmethode immer beliebter. Voraussetzungen dafür sind ein regelmäßiger Zyklus, regelmäßige Tagestrukturen (Basaltemperaturmessung immer zur gleichen Zeit), Motivation sich in die Thematik einzulesen und Geduld. Hat man die Methode einmal erlernt und wendet sie richtig an, kann sie ähnlich sicher sein wie orale Kontrazeptiva. Der Pearl-Index liegt zwischen 0,9 und 10.
Umgang mit fruchtbaren Tagen
Der Pearl-Index bei NFP bezieht sich auf sexuelle Abstinenz während der fruchtbaren Tage. Wird in dieser Zeit eine andere Verhütungsmethode verwendet (Kondom, Femidom, Diaphragma, Spermizidgele etc.) steigt der Pearl-Index auf den der jeweilig angewandten Methode an.
Zervixschleim – Klinik und Beschwerden
Beschwerden im Zusammenhang mit dem Zervixschleim können verschiedene Formen annehmen, darunter übermäßige Produktion, Veränderungen in der Konsistenz oder Farbe sowie unangenehmer Geruch. Solche Symptome können auf Infektionen wie bakterielle Vaginose, Pilzinfektionen oder sexuell übertragbare Krankheiten hinweisen und erfordern oft medizinische Abklärung und gegebenenfalls Behandlung. Regelmäßige Beobachtung des Zervixschleims kann helfen, Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und die Gesundheit der Fortpflanzungsorgane zu unterstützen.
Blut im Zervixschleim
Verfärbt sich das Zervikalsekret bräunlich, rötlich oder rosa kann dies auf Blutungen hinweisen. Bei kurzzeitiger Veränderung kann eine Kline Verletzung oder Infektion verantwortlich sein. Bei einigen Personen führt auch der Eisprung zu einer Zwischenblutung, die im Sekret sichtbar werden kann. Treten Blutbeimengungen gehäuft auf, können aber auch schwerwiegendere Krankheiten oder anatomische Anomalien die Ursache sein, besondern bei gleichzeitig auftretenden Schmerzen, Übelkeit oder anderen Symptomen.
Häufige Fragen
- Hat man auch Zervixschleim ohne Eisprung?
- Wie sieht der Zervixschleim nach dem Eisprung aus?
- Wie sieht der Zervixschleim nach erfolgreicher Einnistung aus?
- Ist der Zervixschleim beim Eisprung immer spinnbar?
Ja, es ist möglich, Zervixschleim auch ohne Eisprung zu haben. Der Zervixschleim wird während des gesamten Menstruationszyklus produziert, jedoch variiert seine Menge, Konsistenz und Qualität je nach hormonellen Veränderungen. Während der fruchtbaren Phase des Zyklus ist der Schleim normalerweise klar, dehnbar und spinnbar, was die Beförderung von Spermien unterstützt.
Nach dem Eisprung wird der Zervixschleim typischerweise weniger flüssig und eher klebrig oder cremig. Diese Veränderungen machen es schwieriger für Spermien, durch den Gebärmutterhals zu gelangen, was die Wahrscheinlichkeit einer Befruchtung verringert.
Nach einer erfolgreichen Einnistung wird der Zervixschleim oft als spärlich und dicker beschrieben. Dies ist auf die hormonellen Veränderungen zurückzuführen, die nach der Einnistung auftreten und die Produktion von Zervixschleim beeinflussen können. Eine Sichere Methode zum Bestimmen einer Schwangerschaft ist die Beurteilung des Zervikalsekrets jedoch nicht!
Während der fruchtbaren Phase des Menstruationszyklus ist der Zervixschleim oft spinnbar. Dieses Merkmal, auch als “Eiweißschleim” bezeichnet, erleichtert es den Spermien, durch den Gebärmutterhals zu gelangen, um eine Befruchtung zu ermöglichen. Die Veränderung des Sekrets und der Eisprung müssen aber nicht unbedingt in exakt das gleiche Zeitfenster fallen, weswegen die Beurteilung der Fruchtbarkeit erst in Kombination mit anderen Variablen (Basaltemperatur o.ä.) oder Fruchtbarkeits-Teststreifen sicherer wird.
- Pedain C. Menstruationszyklus. In: Behrends J, Bischofberger J, Deutzmann R, Ehmke H, Frings S, Grissmer S, Hoth M, Kurtz A, Leipziger J et al., Hrsg. Duale Reihe Physiologie. 4., unveränderte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2021
- Schulte E. Weibliches Genitale. In: Aumüller G, Aust G, Conrad A, Engele J, Kirsch J, Maio G, Mayerhofer A, Mense S, Reißig D et al., Hrsg. Duale Reihe Anatomie. 5., korrigierte Auflage
- Weyerstahl T, Stauber M, Hrsg. Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe. 4. vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2013