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Die Zytologie betrachtet im Gegensatz zu der Histologie kein Gewebe im Zusammenhang. Stattdessen fokussiert sich diese Lehre auf einzelne Zellen oder kleinere Zellgruppen. Einerseits spielt sie damit natürlich eine große Rolle in der Biologie, aber auch die Medizin verlässt sich zunehmend auf die Forschung und Entwicklung in der Zytologie. Beide Aspekte betrachtet der nachfolgende Artikel im Detail und geht dabei auch auf den Nutzen der Zytodiagnostik ein.
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Zytologie – Definition und Ziele
Die Zytologie beschreibt die Lehre vom Aufbau und den Funktionen einer Zelle. In der Biologie bezeichnet man mit dem Begriff die Zellbiologie, während Zytologie im medizinischen Sinne die Zytodiagnostik meint.
Die Ziele der Zellbiologie umfassen die Erforschung von biologischen Prozessen auf der zellulären Ebene, um sie besser zu verstehen und aufzuschlüsseln. Dafür verwendet man die Mikroskopie und weitere molekularbiologische Methoden. Dabei untersucht man die unterschiedlichen Zellkompartimente und -organellen, sowie die Vorgänge der Zellteilung, Zellbewegung und die Zellkommunikation. Dadurch steht die Zellbiologie beispielsweise eng mit der Biologie und Physiologie in Kontakt.
Die Zytodiagnostik in der Medizin beschreibt die Analyse von einzelnen Zellen mit dem Ziel, Krankheiten oder Entartungen zu erkennen. Dafür existieren verschiedene Entnahmemethoden und diagnostische Möglichkeiten. Damit ist die Zytodiagnostik ein Hilfsmittel, das auf den Erkenntnissen der Zytologie oder Zellbiologie basiert.
Zytologie – Biologie
Nach der Entwicklung des Lichtmikroskops Anfang des 17. Jahrhunderts begann die Geschichte der Zellbiologie. Im Laufe der Jahrhunderte sammelten sich die Erkenntnisse an, die die Grundlage des heutigen wissenschaftlichen Standes ausmachen.
Grundlegend unterscheidet man zwischen Eukaryoten, also Tier- und Planzenzellen, und Prokaryoten, den Bakterien und Archaeen. Sie unterscheiden sich fundamental in ihrem Aufbau, beispielsweise besitzen Eukaryoten im Gegensatz zu Prokaryoten einen Zellkern. Sie verbindet aber auch eine Vielzahl an Organellen, wie etwa die Ribosomen, sowie das Zytoplasma für den Stofftransport. Auch Zellmembranen sorgen bei beiden für den korrekten Aufbau.
An der Zelle selbst finden viele verschiedene Prozesse statt, die man mittlerweile immer besser versteht. Ein Beispiel dafür ist die Diffusion für den Stoff- und Wasseraustausch. Aber auch unterschiedliche Kanäle, Elektrolyte und Ionen sind in komplizierte Abläufe eingebunden. Für die Zellkommunikation untereinander besitzen Zellen eine Reihe an Möglichkeiten zum Stoff- und Elektronentransport. Dazu zählen etwa die Gap Junctions, Tight Junctions oder Desmosomen. Damit die Zelle diese Vorgänge ausüben kann, läuft ständig ein ausgeklügelter Energiemechanismus ab, sodass die Zelle Energie gewinnen kann.
Methoden in der Zellbiologie
Zur Erforschung der Zellen eignen sich die Methoden der Mikroskopie. Mit Hilfe der Lichtmikrokopie können vergleichsweise größere Organellen und eine Übersicht der Zelle dargestellt werden, kleinere und genauere Bilder ermöglicht allerdings das Elektronenmikroskop. Manchmal helfen verschiedene Färbungen von Zellbestandteilen, sodass man diese besser von ihrer Umgebung unterscheiden kann. Die histochemische Färbung oder Fluoreszenzfärbung zählt zu dieser Methode. Sie zielen auf bestimmte chemische Bestandteile oder Proteine der Zellorganelle ab, binden an diese und heben mit dem Farbstoff das Organell hervor.
Zytologie – Medizin
In der Zytologie der Medizin, auch Zytopathologie genannt, entnimmt man dem Patienten eine Biopsie zur Diagnostik. Diese Probe wird anschließend mittles verschiedener Techniken auf einem Objektträger fixiert, gefärbt und zum Schluss mikroskopisch beurteilt. Zytopathologie ist in der Diagnostik sowie Vor- und Nachsorge von Tumorerkrankungen wichtig, vor allem in der Gynäkologie. Deshalb wird die nicht-gynäkologische Zytologie von der gynäkologischen abgegrenzt. Das Hauptaugenmerk liegt dabei meistens auf der Malignität oder Prämalignität von der Zelle.
Zu der nicht-gynäkologischen Zytologie zählen unter anderem die Untersuchung von Abstrichen, Körperflüssigkeiten und Punktionsflüssigkeit jedweder Organe.
Probenentnahme und Fixierung
Für die Zytologie entnimmt man dem Körper Gewebe oder Flüssigkeit, aus dem die Zellen anschließend extrahiert und auf einem Objektträger fixiert, gefärbt und untersucht werden. Zu den Körperflüssigkeiten, die der Zytodiagnostik dienen können, zählen folgende:
- Sputum
- Urin
- Körperhöhlenergüsse, beispielsweise Aszites oder Pleuraergüsse
- Spülflüssigkeiten (Lavage)
- Liquor
- Sperma
Diese werden zunächst zentrifugiert, wodurch sich ein Sediment absetzt, welches diagnostisch weiter verwendet wird. Spülflüssigkeiten werden im Rahmen der Spülzytologie gewonnen, bei dem Spülflüssigkeit in eine Körperhöhle eingebracht wird. Daraufhin lösen sich die dortigen Zellen aus ihrem Gewebeverband und schwemmen aus. Im Gegensatz dazu beschreibt die Aspirationszytologie die Entnahme von spontan abgeschilferten Zellen in Körperflüssigkeiten, die durch Punktion gewonnen werden können.
Unter der Zentrifugation versteht man ein Trennverfahren, bei dem Zellen von der umgebenden Flüssigkeit abgetrennt werden. Das ist durch eine Zentrifuge möglich, welche auf dem Prinzip der Massenträgheit basiert. In dem Gerät wird das Röhrchen mit der Probe geschleudert, sodass sich die Bestandteile auftrennen.Zentrifugation
Festes Gewebe wird zum Beispiel über die Methoden der Biopsien gewonnen. Das fällt unter den Bereich der Punktionszytologie, bei dem man das Gewebe punktiert. Dadurch kann man etwa Knochenmarksgewebe gewinnen zur Unterscheidung von Leukämien. Eine Variante dieser Methode stellt die Feinnadelbiopsie dar, die etwa bei der Diagnostik von neuromuskulären Erkrankungen ihren Einsatz findet. Hierbei entnimmt man Muskelzellen. Sie gilt als komplikationsarm, besonders im Vergleich zu anderen üblichen Biopsiemethoden wie die Stanzbiopsie. Außerdem ist in der Regel keine Anästhesie nötig. Bei schwierigen Stellen kommt die bildgestützte Punktion zum Einsatz.
Besonders in der Gynäkologie kommt die Exfoliativzytologie zum Einsatz. Dabei fertigt man einen Abstrich des Gebiets an, bei dem die Zellen von der Körperoberfläche abgeschilfert werden. Hierbei wird vor allem die Gebärmutter vorsorglich untersucht.
Häufig untersuchte Bereiche umfassen neben der Gebärmutter die inneren Genitale und die Mamma, sowie extra-gynäkologisch die Mundhöhle, Pankreas, Lymphknoten, Knochenmark, Leber, Schilddrüse oder Prostata.
Um zu vermeiden, dass die wichtigen Zellen schrumpfen oder austrocknen, muss die entnommene Probe direkt fixiert werden. Dadurch bleiben die strukturellen Merkmale erhalten, sodass eine eindeutige Färbung und Differenzierung überhaupt möglich ist. Bei verspäteter Fixierung können Artefakte auftauchen, die das Ergebnis teilweise verfälschen. Die gängigste Methode ist das Einlegen der Probe auf einem Objektträger in 96-prozentiges Ethanol für 3o Minuten, wobei die Nutzung von Fixierspray deutlich effiziert ist. Diese enthalten Polyethylenglycol (PEG) und sind für alle Proben nach der Papanicolauo-Färbung geeignet.
Färbungsmethoden
Je nach Herkunft der Probe, als auch nach Präferenz der untersuchenden Person kann man zwischen verschiedenen Färbemethoden wählen. Eine Standard-Färbung ist beispielsweise die Papanicolaou-Färbung. Sie wird hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, in der gynäkologischen Diagnostik beim PAP-Test eingesetzt. Dafür benutzt man drei Färbeagenzien, die nacheinander aufgebracht werden: Hämatoxylin, Orange G und Polychromlösung. Dadurch färbt sich beispielsweise der Zellkern blau, das Zytoplasma blaugrün und keratinhaltiges Plasma rot. Gleichzeitig färbt es auch Bakterien blau, wodurch die Methode auch Einsatz in der Sputum-, Urin- und Punktatdiagnostik findet.
Weiter Färbemethoden sind folgende:
- Giemsa-Färbung: Man verwendet sie für Proben der Feinnadelbiopsie aus Lymphknoten.
- Pappenheim-Färbung: Sie findet Anwendung für Urinsedimente, Ergüsse, Bronchialspülflüssigkeit und anderen Feinnadelbiopsie, wie aus der Brust oder Schilddrüse.
- Wright-Färbung: Zur Untersuchung und Differenzierung von unterschiedlichen Blutzellen wird diese hämatologische Methode angewandt.
In besonderen Fällen kommt nach den Routinemethoden die immunzytochemische Färbung, auch Immunhistochemie genannt, zum Einsatz, bei denen man noch besser mögliche Veränderungen erkennen kann. Dabei nutzt man Antikörper, die mit Farbstoffen besetzt sind. Diese binden an bestimmte Gewebe- und Zellstrukturen und heben sie dadurch hervor. Das grundlegende Prinzip hierbei ist die Antigen-Antikörper-Bindung. Teilweise können die Farbstoffe nur unter einem Fluoreszenzmikroskop gesehen werden.
Untersuchungsmethode: PAP-Test
In der Gynäkologie ist der PAP-Test Teil der Routineuntersuchung von Portio und dem Cervix uteri. Er dient der Früherkennung von epithelialen Entzündungen und Dysplasien und damit auch von Gebärmutterhalskrebs. Dafür entfaltet man die Vagina mit einem Spekulum und nimmt anschließend einen Abstrich aus dem ekto- oder endozervikalen Übergang. Daraufhin erfolgt die beschriebene Fixierung mit Ethanol und die Anfärbung mittels Papanicolaou-Färbung sowie die Befundung. Dabei achtet man auf Abweichungen der Zellkerne in Größe und Form, sowie eine veränderte Kern-Plasma-Relation, Mitoseanomalien und mehrere Zellkerne.
Die Auswertung des PAP-Tests erfolgt nach der fünfstufigen Pap-Skala und der Münchner Nomenklatur III. Die Einteilung ist in der nachfolgenden Tabelle dargestellt.
Zusatzbezeichnungen:
- a: Anamnestische Auffälligkeiten
- p: Veränderung des Plattenepithels
- g: glanduläre Veränderungen
- e: Endometrium miterfasst
- x: unklarer Ursprung
Gruppe | Zytologischer Befunde |
0 | nicht ausreichender Abstrich, Wiederholung nötig |
I | unauffälliger Befund und normales Zellbild |
II-a | unauffälliger Befund (Pap I), Risikoanamnese |
II | physiologischer Befund mit Einschränkung und grenzwertigen Auffälligkeiten |
II-e | Endometriumzellen bei Frauen über 40 Jahren |
II-g | Veränderung der zervikalen Drüsenzellen |
II-p | geringgradig kernveränderte Plattenepithelzellen <CIN 1 |
III | unklarer Befund |
III-e | abnorme endometriale Zellen |
III-g | ausgeprägte atypische Drüsenzellen, Möglichkeit eines Adenokarzinoms |
III-x | zweifelhafte Drüsenzellen unklaren Ursprungs |
III-p | mögliches Plattenepithelkarzinom oder CIN 2, CIN 3 |
IIID | Dysplasie mit größerer Neigung zur Rückbildung, Unterteilung in leichte Dysplasie (Pap IIID1) und mäßige Dysplasie (Pap IIID2) |
IV | Karzinomvorstufe |
V | Malignom |
Auswertungen
Außerhalb der Gynäkologie findet die Bewertung von Proben eher uneinheitlich statt. Möglich ist die freitextliche Beschreibung, bei der im ersten Abschnitt die Qualität der Probe beschrieben wird. Im zweiten Abschnitt folgt die morphologische Beschreibung des Materials und im dritten die Klassifizierung und Einordnung der Malignität oder anderen Faktoren.
Für die extragenitale Zytologie verwendet man oft das in Österreich weit verbreitete ABC0-Schema:
- Bewertungsgruppe 0: keine Beurteilung möglich.
- Bewertungsgruppe A: keine Anhaltspunkte für Malignität.
- Bewertungsgruppe B: auffälliger Befund, aber unklare Dignität.
- Bewertungsgruppe C: Verdacht auf Malignität
Es gibt aber auch organspezifische Klassifikationen, die je nach Fall verwendet werden können. Ein Beispiel dafür ist die Klassifikation der Schilddrüse nach Berthesda.
Nutzen der Zytodiagnostik
Zusammengefasst trägt die Zytodiagnostik der modernen Medizin einen hohen Stellenwert, vor allem im Bereich von Krebsvorsorge und -nachsorge. Auch Entzündungen oder andere Pathologien können über die Methoden erkannt und schneller und gezielter behandelt werden. Außerdem sind die vielfältigen Methoden zur Entnahme und Untersuchung von beinahe allen Organen von Vorteil, um die Lebensqualität von Patienten durch eine geeignete Therapie zu erhöhen.
- Lüllmann-Rauch R, Taschenlehrbuch Histologie, 6. Auflage, Thieme
- Untersuchungsmethoden in der Pathologie, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 13.09.2024)
- Diagnostik in der Gynäkologie, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 13.09.2024)
- Empfehlungen für die Beurteilung und Befunderstellung in der Schilddrüsenzytologie, https://www.researchgate.net/... , (Abrufdatum: 13.09.2024)